Gioconda siegt über Gualanda
Fest steht: Sie lächelt. Ob aber der Künstlerbiograph Giorgio Vasari 1550 zu Recht angab, Leonardo da Vincis Frauenbildnis in der Sammlung des Königs von Frankreich stelle die Florentinerin Mona Lisa mit dem Nachnamen Gioconda dar, ist oft bezweifelt worden. Unter anderem, weil schon 1517, zwei Jahre vor des Meisters Tod, ein Reisender das Porträt einer Isabella Gualanda pries, anscheinend ein Werk, das er gerade in Cloux an der Loire bei Leonardo gesehen hatte. Nun bekräftigt aber ein neu entdecktes Dokument die Version Vasaris: Das Nachlaßverzeichnis des Leonardo-Schülers SalaI, der mit in Frankreich gewesen, dann nach Mailand heimgekehrt und dort 1524 gestorben war, führt auch etliche Gemälde auf. Für ein paar, darunter »la Joconda«, sind derart hohe Werte angesetzt, daß es sich wohl um echte Leonardos handeln muß. Die Veröffentlichung im Londoner Burlington Magazine klärt mit der an sich belanglosen Namensfrage zugleich die Entstehungszeit des Bildes (Anfang, nicht zweites Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts) und macht die Verbreitung der Mona Lisa durch italienische Kopien plausibel. Erst nach 1524 kam also das Original (wieder) nach Frankreich. Die »Gualanda«-Überlieferung, neuerdings von einem neapolitanischen Literaturdozenten aufgegriffen, braucht deswegen nicht falsch zu sein. Sie könnte sich auf ein - verlorenes - Frauenbild beziehen, das im SalaI-Nachlaß ohne Namen aufgeführt ist.