Harmloser Trip
Fantasia (USA, Farbe). Walt Disney hatte die Idee; der Dirigent Leopold Stokowski half bei der Ausführung: Mit einer Kombination von Trickfilm-Szenen und Kurzfassungen beliebter Evergreens aus dem Konzert-Repertoire (darunter Beethovens »Pastorale«, Tschaikowskis »Nußknacker-Suite« und Strawinskis »Sacre") wollten sie im Kino demonstrieren, »wie großartig Bild und Musik miteinander harmonieren«.
Doch die platte Harmonie-Lehre, 1940 verfertigt und 1952 auch in Deutschland gezeigt, hatte es schwer genug, »schockierte Musikfreunde« auch nur »zur Nachsicht« (SPIEGEL 39/1952) zu animieren -- in den USA blieb der Kassenerfolg hinter dem aller anderen Disney-Produktionen zurück.
Erst jetzt, bei der zweiten Verleih-Karriere, verlockt die naive Phantasmagorie, in der Strauße, Flußpferde, Elefanten und Krokodile einen »Stundentanz« hüpfen und die Mickey Mouse (zu Klängen des »Zauberlehrlings« von Paul Dukas) Wassereimer durchs Bild schleppt, ein neues Publikum zum Besuch des »einzigen geradenwegs paradieseshaften Films in der bisherigen Filmgeschichte« ("Süddeutsche Zeitung"):
»Easy Rider«-Fans erleben »Fantasia« -- so ein Verleib-Kommuniqué -- nun als »Super-Trip« und als »Woodstock Nummer zwei«.
Freilich, was auf jenem Pop-Festival sich erst anbahnte, die totale Integration der Musik in die Kulturindustrie, ist bei Disney längst verwirklicht: Ob Beethoven, Tschaikowski, Schubert oder Strawinski -- ihre Musik hat, so scheint es, nur noch den einen Zweck, Vogelruf und Blätterfall zu imitieren und Zeichentrick-Schablonen für den Kino-Konsum zu untermalen.