Krimi-Sechsteiler mit Nicole Kidman und Hugh Grant Ehebruch und andere Kleinigkeiten

Hugh Grant knüpft smart an sein Image als sexuell obsessiver Sünder an: In der HBO-Miniserie »The Undoing« erzählt die Regisseurin Susanne Bier von Triebverirrungen in New Yorks bester Gesellschaft.
Schluss mit Luxusleben und Lebenslügen: Nicole Kidman und Hugh Grant in »The Undoing«

Schluss mit Luxusleben und Lebenslügen: Nicole Kidman und Hugh Grant in »The Undoing«

Foto: NIKOTAVERNISE.COM / HBO / Sky

Über die phänomenale Ausdrucksarmut des Gesichts der Schauspielerin Nicole Kidman wurde in den letzten Jahren viel gelästert, sie hat aber auch Vorzüge. In der sechsteiligen Serie »The Undoing« etwa verschafft die extrem festgezurrte Mimik Kidmans Figur die Aura einer gewissen Rätselhaftigkeit.

Die Australierin Kidman spielt eine erfolgreiche amerikanische Psychotherapeutin, die im schönsten, klirrend kalten New Yorker Winter durch Hochhausschluchten und den Central Park stiefelt und dauernd versucht, fassungslos dreinzublicken – weil sie gerade wieder etwas Ungeheuerliches erfahren hat über ihren von einem hübsch zerknitterten Hugh Grant verkörperten Ehemann.

Die Zuschauerinnen und Zuschauer aber dürfen sich fragen: Ist die Empörung dieser Frau echt? War sie wirklich so naiv, dass sie keinerlei böse Vorahnung über das Treiben ihres Gatte hatte? Oder wusste sie in Wahrheit Bescheid und hat selbst etwas Schlimmes verbrochen?

Ausdrucksarme Mimik eines Weltstars: Nicole Kidman spielt eine betrogene Psychotherapeutin

Ausdrucksarme Mimik eines Weltstars: Nicole Kidman spielt eine betrogene Psychotherapeutin

Foto: NIKOTAVERNISE.COM / HBO / Sky

»The Undoing« ist auf den ersten Blick ein konventioneller Mordermittlungs-Thriller mit Weltstars, die einst glänzendere Tage gesehen haben. Wer sich ein bisschen einlässt auf die von HBO produzierte und in Deutschland bei Sky startende Miniserie, der kann jedoch ein höchst vergnügliches, packendes Kriminaldrama voller Überraschungen entdecken.

Erfreulich ausgeruht

Der Kinderarzt Mike Fraser (Grant) und seine Seelenklempner-Gattin Grace (Kidman) führen mit ihrem Sohn Henry (Noah Jupe) ein kultiviertes Luxuskleinfamilienleben wie aus einem Woody-Allen-Film. Eines Tages sieht sich Grace mit einer zudringlichen jungen Frau namens Elena (Matilda De Angelis) konfrontiert, die ihr erst mit Baby an der Brust bei einer Schulmütter-Versammlung und dann splitternackt im Umkleideraum des Fitnessstudios auf die Pelle rückt.

Wenig später ist Elena tot, mit einem Hammer erschlagen – und die Polizei fahndet nach dem plötzlich verschwundenen Kinderarzt Fraser, weil er als Hauptverdächtiger in dem Mordfall gilt.

Die dänische Regisseurin Susanne Bier ist mit Kinofilmen wie »Nach der Hochzeit« (2006) bekannt geworden und hat mit der Emmy-gekrönten Serie »The Night Manager« (2016) Furore gemacht. In »The Undoing« setzt sie auf erfreulich ausgeruhte Weise auf die Verblüffungseffekte einer Bestseller-Romanvorlage des Autors Jean Hanff Korelitz und ein blendendes Schauspielerensemble.

König des Schreckens: Donald Sutherland als gefühlskalter Multimillionär

König des Schreckens: Donald Sutherland als gefühlskalter Multimillionär

Foto: NIKOTAVERNISE.COM / HBO / Sky

In dem ist Donald Sutherland als Vater der von Nicole Kidman gespielten Psychotherapeutin der König des Schreckens: ein New Yorker Multimillionär, der das Gesetz, die Polizei und seinen liederlichen Schwiegersohn mit dem Lächeln eines Mannes betrachtet, der zu wissen glaubt, dass ihm sowieso die ganze Welt gehört.

Der wichtigste Gegenspieler des Millionärs ist ein Bulle. Der Schauspieler Édgar Ramírez wühlt sich in der Rolle eines charmanten, unerschrockenen Polizeiermittlers Folge für Folge tiefer in die Familiengeheimnisse der Frasers hinein. Und was fällt seinem Hauptverdächtigen, dem von Hugh Grant dargestellten Kinderarzt, als Entschuldigung für sein aufgeflogenes Doppelleben ein? Irgendetwas tief in seinem Inneren, behauptet er, »hat sich nach der Gefahr gesehnt«.

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Es ist smart und natürlich hintersinnig, wie der in grandiosen Schmalzfilmen der Sorte »Notting Hill« (1999) berühmt gewordene Darsteller Grant hier an sein halb vergessenes Image als sexuell obsessiver Sünder anknüpft. Das hängt ihm an, seit er vor 25 Jahren mal in Los Angeles verhaftet wurde, weil er sich auf dem Straßenstrich mit einer Prostituierten eingelassen hatte.

Dass Grant das Zeug fürs Dämonische hat, kann man angesichts von »The Undoing« trotzdem eher nicht behaupten. Gut, es gibt ein paar Missetaten, die seinem Helden vorgeworfen werden; es gibt einen blutverschmierten Finger, den er einem Mithäftling bei einer Prügelei im Gefängnis abbeißt. Dennoch bleibt Grants Doktor Fraser in dieser Serie zu allen Zeiten ein heiter-verschmitzter britischer Gentleman in New York.

Zur Raffinesse von Susanne Biers Thriller gehört es, dass sich die Triebverirrungen und Lebenslügen der Beteiligten präzise in den Dialogen spiegeln, die zwischen Nicole Kidmans Therapeutin Grace und ihren Patientinnen und Patienten in den Sitzungen geführt werden. Letztlich folgt auch die Logik der Mordaufklärung in »The Undoing« den Lehren von Sigmund Freud, der einmal sehr grundsätzlich befunden hat: »Die Menschen wollen nicht glücklich sein.«

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