Hochstapler in »Caliphate«-Podcast »New York Times« büßt auch Pulitzer-Nominierung ein

Titelseite der »New York Times«
Foto:MARIO TAMA/ AFP
Mit dem Podcast »Caliphate« über einen Kanadier, der in Syrien für den »Islamischen Staat« (IS) kämpfte, sorgt die »New York Times« (»NYT«) seit 2018 für Schlagzeilen – erst für positive, nun für negative. Nachdem das Format erst für seine tiefen Einblicke in das Terrorregime des IS gefeiert und ausgezeichnet wurde, muss die renommierte US-Zeitung die erhaltenen Preise nun einen nach dem anderen zurückgeben: Der Protagonist, der im Zentrum des Podcasts steht und dort über brutale Verbrechen berichtete, gilt mittlerweile als Hochstapler.
Bereits im Podcast selbst wurde seine Glaubwürdigkeit infrage gestellt und zentrale Aussagen als zweifelhaft gekennzeichnet. Trotzdem hielt man an ihm als Hauptfigur und damit auch dem Format an sich fest. Anderthalb Jahre nach der Premiere des Podcasts wurde er dann im September in seiner Heimat Kanada wegen Vortäuschung einer terroristischen Straftat verhaftet.
Daraufhin überprüfte die »New York Times« noch einmal seine Aussagen und kam zu dem Schluss, dass die journalistischen Standards der Redaktion bei der Gegenrecherche nicht erfüllt worden seien. Chefredakteur Dean Baquet sagte, der Mann sei »ein Betrüger, der das meiste, wenn nicht alles, was er uns erzählt hat, erfunden hat«. Es handle sich nicht um das Versagen eines einzelnen Reporters, sondern um ein institutionelles Versagen.
Die für den Podcast zuständige Reporterin, Rukmini Callimachi, veröffentlichte eine Erklärung auf Twitter, in der sie sich bei den Zuhörern für das entschuldigte, was das Team versäumt habe und was falsch gelaufen sei. Laut »New York Times« darf Callimachi im Verlag bleiben, aber nicht mehr über ihr angestammtes Gebiet Terrorismus berichten.
I am fiercely proud of the stories I have broken on the ISIS beat. But as journalists, we demand transparency from our sources, so we should expect it from ourselves. Please see my full statement below regarding our Caliphate podcast: pic.twitter.com/FBUFsrnbsa
— Rukmini Callimachi (@rcallimachi) December 18, 2020
Doch damit der Schmach nicht genug: Nach den Enthüllungen über den Hochstapler gab die »New York Times« zunächst bekannt, den prestigereichen Peabody Award, den sie für »Caliphate« gewonnen hatte, zurückzugeben. Nun folgt auch die Nominierung für den Pulitzerpreis. Man habe das Angebot der »NYT«, die Nominierung zurückzunehmen, als »angemessene Lösung in dieser Sache« akzeptiert, teilte der Vorstand des Pulitzerpreises mit.
Auf der Homepage der »NYT« ist der Podcast weiterhin verfügbar, nun aber versehen mit dem Statement von Dean Baquet über die Fehler und Versäumnisse des Formats.