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FESTIVAL Immer nur Kibbuz

Israel will sein Image korrigieren: Statt militärischer möchte es musische Stärke demonstrieren.
aus DER SPIEGEL 34/1973

In solcher Szenerie, scherzte der amerikanische IV-Entertainer Alan King, sei er noch nie aufgetreten: in einem »Bühnenbild von Herodes, das seit den Kreuzzügen keiner mehr gefegt hat«.

Im biblischen Burggemäuer von Jerusalem, lind ging die Luft unterm satten gelben Mond, war am vorletzten Sonntag Show-Zeit -- allerhöchste:

Im blauen Brokatkittel, eigens für den Anlaß angeschafft. saß Premierminister Golda Meir 500 Gästen vor, 200 davon Geladene aus der westlichen Welt; auf der Bühne gab sich Show-Prominenz aus Orient und Okzident ein Stelldichaus.

Josephine Baker, die Unsterbliche, trat im weißen Federmantel an und sang »La vie en rose«. Der Met-Bariton Robert Merrill schmetterte »Auf in den Kampf, Torero«. Die israelischen Pop-Damen Jaffa Jarkoni und Schuhe Nathan sangen Heimeliges aus dem Heiligen Land. Und mit freundlichen Reden empfahlen sich bekannte Schauspieler: Susan Strasberg etwa, Broadway-Darstellerin des jüdischen Mädchens Anne Frank; Hugh O'Brian, TV-Darsteller des jüdischen Western-Sheriffs Wyatt Earp; auch Arlene Dahl war da.

Tags zuvor hatte Rudolf Nurejew, in der antiken Arena zu Caesarea, für Golda Meir und die Gäste große Sprünge gemacht; am Tag nach der Show spielten Pablo Casals und Isaac Stern den Gästen auf -- zur Weihe eines Hauses:

In der Jerusalemer Neustadt eröffnete Bürgermeister Teddy Kollek eine Klause, in der Kunst- und Geistes-Schaffende aus aller Welt zum Wirken und Wohnen kommen sollen: der Theaterregisseur Peter Brook, etwa, der Filmregisseur EliaKazan oder der Romancier Saul Bellow.

»Salute to Israel« (Gruß an Israel) hieß das kulturgeballte, partypralle Society-Festival, und es sollte auch eine Art Kreuzzug sein: für ein anderes Image des Staates Israel.

»Falls wir eine Schwäche haben«, so hatte Golda Meir gestanden, »dann ist es die, daß wir zu wenig Wert auf das kulturelle und gesellschaftliche Leben legten.« Und die Journalistin Mira Avrech, populäre Kolumnistin der Zeitung »Jediot Acharonot«, hatte es seit langem geschmerzt, »daß immer nur über unsere Kibbuzim und Mädchen mit Gewehr geschrieben wird«.

Mira Avrech, Freundin bedeutender Männer, nahm sich vor, zum 25. Jahrestag Israels der Welt ein lieblicheres Bild zu malen: vom Militär zu den Musen. Unterm Protektorat Golda Meïrs. als Benefiz-Veranstaltung für einen Erziehungs-Fonds, brachte die resolute Dame den »Salute to Israel« in Gang -- mit Hilfe bedeutender US-Männer.

Als Zeremonienmeister engagierte sie einen Schöngeist, der sich selbst »Party-Architekt« heißt. Clive David, 39, begleitet von seiner strengen, perlenklirrenden Mama, entwarf das Show-Szenario und die Party-Menüs und schrieb den rechten Dreß dazu vor.

David ("Ich bin konkurrenzlos") hatte schon Partys für John F. Kennedy und Queen Elizabeth entworfen; sein »größtes Kunstwerk« (David) war ein »Maskenball« in Venedig -- unter den Gästen: Onassis, das Fürstenpaar von Monaco und die Burtons.

VIP-Zutreiber für den »Maskenball« war ein Earl Blackwell, Vorsteher eines weltweit organisierten »Celebrity Service«. Den Dienst versah Blackwell, ein Elegant von tödlicher Höflichkeit, auch für die »Salute«-Show. Und als Mäzen trat ein amerikanischer Baulöwe auf.

William J. Levitt, der in den USA ganze Städte -- »Levittowns« -- baut, spendierte an die zwei Millionen Dollar für die Restauration der Gebäude, in denen die Gast-Künstler wohnen werden, die, so Bürgermeister Kollek, »neue geistige und kulturelle Erfahrungen« nach Jerusalem bringen sollen.

So fusionierten Show und Business, um Israels kulturellen Sprung nach vorn zu fördern. Die Show machte vielen Israelis aber nur geringe Freude. Allzu dringlich fraternisierten einige Künstler von der Bühne herab, und allzu offensichtlich nutzten sie Israel zu eigenem PR-Profit: Ein 90-Minuten-Film Über den »Salute to Israel« wird im Herbst im US-Fernsehen gesendet.

Die Idylle militärferner Friedlichkeit, die das Wochenend-Fest suggerieren sollte, stieß sich freilich hart mit der Entführung eines libanesischen Flug-Zeugs. Aber die Aktion, scherzten Offizielle, sollte nur dazu dienen, auch den Doktor Habasch als Gast beim »Salute to Israel« zu haben.

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