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Schallplatten Irre Einfalt

aus DER SPIEGEL 11/1972

Carl Maria Von Weber: »Oberon«. Der englische Genealoge und Literat James Robinson Planché klitterte für Weber eine unfreiwillige Parodie aller wirren, irren Opern-Einfalt zusammen -- ein Chaos aus Seeräubern, Elfen, Genien, Meermädchen, etwas »Entführung aus dem Serail«, etwas »Zauberflöte« (hier: Horn); doch das Märchenhafte bei Mozart ist gegen diesen Sommernachtsalptraum pure Mathematik. Carl Maria von Weber vertonte Planches konfusen »Oberon« im Auftrag des Londoner Covent Garden Theatre; er war krank, aufs (klägliche) Honorar angewiesen, vom Szenario wenig erbaut, und dennoch komponierte er eine der romantischsten Opernmusiken. Kaum je klangen bei der Deutschen Grammophon Streicher so präsent, Singstimmen so räumlich wie in dieser ersten Gesamtaufnahme unter Rafael Kubelik. Nur wenn in den Sprechszenen Schauspieler feierlich Dialoge aufsagen, schnurrt die HiFi-Perfektion zur flachen, kraftlosen Hörspiel-Akustik zusammen. Doch diese von Oscar Fritz Schuh »sinnlos aufgeweanerten Dialoge fallen kaum ins Gewicht. Und sobald die Musik losschwelgt, ist von dem gebrochenen Deutsch der Stolper-Verse nichts mehr zu merken: Gesungen wird (unter anderem von Donakl Grobe, Birgit Nilsson, Placido Domingo und Hermann Prey) voller Barmherzigkeit -- weitgehend unverständlich. (Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks; Deutsche Grammophon 2709 035; 75 Mark.)

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