Wo der Jugoslawienkrieg nicht endet "Dieses Hochhaus ist ein senkrechter Sarg"

Jelena Jankovic/ DER SPIEGEL
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Nebel liegt über Prijedor. Wie ein Mantel, gnädig ausgebreitet, um die Spuren vergangener Gräueltaten hier im Norden Bosniens zu verhüllen. Aus den Konzentrationslagern, die zu Beginn des Krieges rund um Prijedor entstanden, kehrten 3176 Menschen nicht serbischer Nationalität nie mehr zurück.
Die Überlebenden wirken auf beklemmende Art bemüht um Normalität. Werktätige hasten an den Denkmälern für gefallene Serben vorbei. In der Grillstube "Bei Jerkan" herrscht mittags Andrang auf Ćevapčići und Kalbfleischsuppe. Ein paar Schritte weiter bewirbt ein Plakat das vom Internationalen Tennisverband ausgerichtete Turnier "Prijedor Open".
Dass hier im Frühsommer 1992, auf dem Parkplatz vor dem Tennisgelände, die Leichen überwiegend muslimischer Mitbürger gestapelt und vor dem Abtransport zum Massengrab zwischengelagert wurden – genauso wie drüben auf der grünen Wiese vor dem Hochhaus, wo mittlerweile die Grillstube steht? Davon erzählt keine Gedenktafel, kein Mahnmal. Davon erzählt Darko Cvijetić.
Der schmächtige Schriftsteller, Regisseur und Schauspieler wohnt in dem aus rostroten Ziegeln gebauten Hochhaus, das Prijedor überragt wie ein mahnender steinerner Zeigefinger. Cvijetić ist ein unerbittlicher Chronist. Er legt den Finger in die Wunden dieser Stadt, deren Name untrennbar mit den Todeslagern Omarska, Trnopolje und Keraterm verbunden ist.
Außerhalb der ehemals jugoslawischen Teilrepublik Bosnien und Herzegowina war Cvijetić, obwohl in zehn Sprachen übersetzt, bislang wenig bekannt. Jetzt ist er für den Preis des Europäischen Dichters der Freiheit nominiert, den eine Jury unter Mitwirkung der Nobelpreisträgerin Olga Tokarczuk im März verleihen wird. Gleichzeitig soll sein erster Roman verfilmt werden und in deutscher Sprache auf den Markt kommen. In Anspielung auf einen Schweizer Aufzughersteller lautet der Titel beziehungsreich: "Schindlers Lift".
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