Action-Film "The Expendables" Alte Säcke machen Laune
Es gibt solche Männer eigentlich nicht mehr im Kino, sondern nur noch im Fernsehen. Der Haudegen, der seinen Körper schindet, weil er mit ihm arbeitet, ist zum Beispiel in der Thriller-Serie "24" zu sehen. Da müht sich Agent Jack Bauer seit bereits acht Staffeln als Terroristenjäger ab, und sein gefolterter Leib erzählt von den Schrecken der analogen Welt. Oder Vic Mackey, der Drogencop aus der TV-Reihe "The Shield": auch so eine streckenweise auf die Physis reduzierte Gestalt, die sich durch die urbanen Verteilungskämpfe prügelt.
Im Kino haben die metrosexuellen Bürschchen die Hauptrolle übernommen, die Vampir- und Werwolfboys. Und wenn einer mal richtig trainiert ist, dann sind die Muskeln aus Stahl - wie beim Superhelden Iron Man.
Wenn die echten harten Kerle nun doch noch einmal auf die Leinwand drängen, kann es nur mit einer melancholischen Haltung sein. Einem wie Sylvester Stallone wird man nach rund 40 Leinwandjahren, unzähligen Knochenbrüchen und Gesichts-OPs keinen staatstragenden Action-Part mehr zutrauen. Trauer über eine Welt, die man kaum mehr versteht, und einen Körper, der zur Sollbruchstelle geworden ist, bestimmen daher das Bild.

"The Expendables": Reinhaun und abhaun
Die "Expendables" sind also tatsächlich die Entbehrlichen: Wer braucht noch einen Stallone, das Action-Fossil der Rambo- und Rocky-Filme? Wer will noch einmal Dolph Lundgren sehen, den Prügelknaben des Achtziger-Jahre-Testosteron-Kintopps? Und hat Jet Li, einstiger Martial-Arts-Superstar, seine besten Tage nicht auch längst hinter sich?
Identifikationsfigur für den gestressten Arbeitnehmer
Gerade weil sie so überflüssig sind, sind sie jetzt so angesagt: "The Expendables" startete als Überraschungserfolg, 35 Millionen Dollar kamen allein am ersten Wochenende in den USA zusammen. Vielleicht liegt in Zeiten des beschleunigten Kapitalismus gerade im maroden Muskelmann ein sehr viel höheres Identifikationspotential für Arbeitnehmer als auf den ersten Blick hin angenommen. Das Gefühl, sich gegen die Verhältnisse zu stemmen, kennt nicht nur der einsame Fighter, sondern auch der Bürohengst, der dem Burn-out entgegenschuftet.
So liegt also der Firnis der Erschöpfung und Nostalgie über diesem Film. Zwar wird geballert und gesprengt, was das Zeug hält, aber das sind letztlich nur Plot-Eskapaden und Schauwerte. Die Geschichte der Söldner, die eine fiktive Bananenrepublik aufmischen und einem korrupten CIA-Mann das Handwerk legen, ist Nebensache. Viel spannender ist, wie ein B-Movie sich dank kinogeschichtlich aufgeladener Charaktere zum Alterswerk mausert.
Den immer noch monumentalen Sylvester "Sly" Stallone zum Beispiel begreift man hier als eine Ikone konventioneller Männlichkeitsideale und deren gleichzeitiger Demontage. Sein Gesicht ist dabei nicht mehr die per Eitelkeit verschandelte Botox-Ruine, sondern das malträtierte Antlitz eines Mannes, der buchstäblich seinen Kopf für die Karriere hinhalten musste. Das Gleiche gilt für Mickey Rourke und Dolph Lundgren: Wenn sie ihre zerquälten Körper über die Leinwand hieven und mit knarziger Stimme Drei-Wort-Sätze raunen, dann ist das "Avatar"-Kino mit seinen digitalen Machbarkeitsräuschen für kurze Zeit vergessen.
Zwischen Freak, Künstler und Knallcharge
"The Expendables" ist letztlich ein selbstreflexiver Film, der wie jeder halbwegs ordentlich gemachte Blockbuster als eskapistischer Zirkus zu genießen ist, aber eben auch als Kommentar zu einer bestimmten Generation von Darstellern und ihren Images. Dass Stone und Rourke in einer Szene tränenfeuchte Augen haben, weil einer dem andern eine rührende Geschichte über einen Kriegseinsatz erzählt, ist in dieser Perspektive ein Stück Trauerarbeit auch über den eigenen Werdegang. Aus den einstigen Megastars sind Figuren geworden, die zwar weiterhin Arbeit finden auf der Leinwand, deren Status aber zwischen Freak, Künstler und Knallcharge changiert.
Nur ein Hauptdarsteller ist unter 50: der Brite Jason Statham. Aber gerade er steht mit Filmen wie "Transporter" und "Crank" für eine konsequente Unterhöhlung des Action-Genres. Das Männerbild, das er verkörpert, ist eigentlich absurd: Es überbietet reaktionäre Tendenzen mit sarkastischer Hysterie. Wer gesehen hat, wie er sich in "Crank" selbst unter Strom setzt, um sein Herz in Gang zu halten, begreift, dass dieser neue Actionheld kaum mehr ist als eine Comicfigur.
Ist Statham dann vielleicht die postmoderne Ablösung für Sly? Eher nicht. Die Ära der Action-Handwerker, und seien sie auch noch ironisch eingefärbt, geht insgesamt zu Ende. In den Rechnern werden bereits die neuen Helden, die stählernen Pixelmänner und blauen Wunderwesen, zusammenprogrammiert. Bis sie ganz die Leinwände erobert haben, sollte man es noch mal ordentlich krachen lassen.
Erfahrene Fachkräfte wie Stallone und Co. sind dabei unentbehrlich.