

Ponyfrisur, blasser Teint und große blaue Augen: Mit diesen Markenzeichen wurde Anna Karina zu einer Ikone der Nouvelle Vague. Jetzt ist der französische Filmstar gestorben. Das berichtete am Sonntag die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf Karinas Agenten. Demnach erlag sie am Samstag in Paris einem Krebsleiden. Karina wurde 79 Jahre alt.
"Ihr Blick war jener der Nouvelle Vague. Er wird es immer bleiben", würdigte der französische Kulturminister Franck Riester Karina auf Twitter. Das französische Kino habe eine seiner Legenden verloren.
Karina wurde am 22. September 1940 nahe dem dänischen Aarhus als Hanne Karin Bayer geboren. Sie lebte zeitweilig bei einer Pflegefamilie und arbeitete bereits als Jugendliche als Mannequin. Mit 17 Jahren ging sie nach Paris, wo sie unter anderem für die Modeschöpfer Coco Chanel und Pierre Cardin Model war und für Werbung posierte.
In den 1960er Jahren kam sie zum Schauspiel und drehte mit Jean-Luc Godardmehrere Filme, die Klassiker des französischen Kinos wurden. Darunter "Eine Frau ist eine Frau" und "Elf Uhr nachts" (Originaltitel: "Pierrot le fou"), in dem sie an der Seite von Jean-Paul Belmondo auftritt. Für ihre Leistung in "Eine Frau ist eine Frau" wurde sie 1961 bei der Berlinale als beste Schauspielerin mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet.
Godard entdeckte Karina in einem ihrer Werbespots, in dem sie, von Seifenschaum bedeckt, in einer Badewanne saß. Er bot ihr daraufhin in seinem Spielfilm "Außer Atem" eine Nebenrolle an, die sie wegen einer Nacktszene ablehnte. Als Godard erwiderte, dass sie doch auch in der Palmolive-Werbung nackt gewesen sei, rückte Karina ihm den Kopf zurecht, wie sie 2016 in einem "Vogue"-Interview erzählte. Sie habe ihm gesagt: "Ich war da doch gar nicht nackt - nur in Ihrer Fantasie. Da war vor lauter Schaum nur ein bisschen von meiner Schulter zu sehen. Und ich trug einen Badeanzug!"
Die Rolle in Godards zweitem abendfüllenden Film, "Der kleine Soldat", nahm sie dann an. Ein Jahr später, im März 1961, gaben sich beide das Jawort. Insgesamt drehte Karina sieben Filme mit Godard. Dazu gehören der Science-Fiction-Thriller "Lemmy Caution gegen Alpha 60" (Originaltitel: "Alphaville") und "Die Außenseiterbande" ("Bande à part"). In Agnès Vardas Nouvelle-Vague-Klassiker "Cleo - Mittwoch zwischen 5 und 7" haben Karina und Godard einen gemeinsamen Kurzauftritt: Die beiden sind dort als Pantomime in einem Stummfilm zu sehen, den sich Hauptfigur Cleo entzückt ansieht.
Zweite und dritte Karrierewege
Ihre Ehe hielt bis 1965, danach war Karina noch drei Mal verheiratet, von 1982 bis zu ihrem Tod mit dem Regisseur Dennis Berry. Dieser widmete ihr 2017 einen eigenen Dokumentarfilm: "Anna Karina, souviens-toi" (Anna Karina, erinnere dich) feierte auf dem Filmfest Lumière in Lyons Premiere.
Früh in ihrer Karriere arbeitete Karina auch mit anderen Regiegrößen. Jacques Rivette holte sie für seinen Film "Die Nonne" gemeinsam mit Liselotte Pulver vor die Kamera, Luchino Visconti für "Der Fremde" mit Marcello Mastroianni, und Rainer Werner Fassbinder drehte mit ihr "Chinesisches Roulette".
1973 führte sie schließlich zum ersten Mal selber Regie: Für das Liebesdrama "Vivre ensemble" schrieb sie außerdem das Drehbuch und übernahm die weibliche Hauptrolle. Ein letztes Mal war sie 2008 in ihrer eigenen Regiearbeit "Victoria" in der Titelrolle zu sehen.
Karina war zudem in Frankreich auch als Sängerin bekannt, zuerst 1967 durch das Musical "Anna", in dem sie Lieder von Serge Gainsbourg sang. Zwei Songs der Platte zum Film, "Sous le Soleil exactement" und "Roller Girl", waren in Frankreich Hits. Zwischen 1973 und 1998 erschienen vier von ihr verfasste Romane.
Ihren letzten großen Auftritt hatte Karina vergangenes Jahr in Cannes. Dort zierte ein Filmstill aus "Elf Uhr nachts" mit ihr und Belmondo das offizielle Plakat. Außerdem war sie zur Eröffnung Stargast des berühmten Festivals.
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Anna Karina prägte zusammen mit ihrem zeitweiligen Ehemann Jean-Luc Godard die Nouvelle Vague. Gemeinsam drehten sie sieben Filme, darunter "Eine Frau ist eine Frau".
Ihr erster Film unter der Regie von Godard war "Der kleine Soldat" von 1961, in dem Karina eine Unterstützerin der algerischen Unabhängigkeitsbewegung spielt.
Für "Eine Frau ist eine Frau", in dem sie an der Seite von Jean-Paul Belmondo zu sehen war und eine Stripperin spielte, wurde Karina 1961 auf der Berlinale als beste Darstellerin ausgezeichnet.
Gemeinsam mit Godard drehte sie innerhalb weniger Jahre Filmklassiker wie "Die Außenseiterbande" (1964).
Ein Jahr später folgte "Lemmy Caution gegen Alpha 60" (Originaltitel: "Alphaville") mit Eddie Constantine.
Im Jahr 1965 spielten Karina und Belmondo wieder gemeinsam unter der Regie von Godard: "Elf Uhr nachts" (Originaltitel: "Pierrot le fou") war der letzte Film, den die drei gemeinsam drehten.
Früh in ihrer Karriere war Karina aber auch in den Werken anderer Regisseure zu sehen: Zum Beispiel 1965 in Jacques Rivettes "Die Nonne" mit Lilo Pulver (links).
Oder 1969 in der "Michael Kohlhaas"-Adaption von Volker Schlöndorff.
1973 präsentierte Karina ihre erste Regiearbeit "Vivre Ensemble" in Cannes. Erst 2008 folgte mit "Victoria" die zweite.
Im Lauf ihrer langen Karriere war Karina außerdem als Drehbuchautorin, Sängerin und Schriftstellerin erfolgreich.
Ihren letzten großen Auftritt hatte Anna Karina 2018 in Cannes. Ihr Lebenswerk wurde auf dem offiziellen Plakat gewürdigt, das sie und Jean-Paul Belmondo in einer Filmszene aus "Elf Uhr nachts zeigte". Außerdem war sie als Stargast zur Eröffnung geladen.