Berlinale-Wettbewerb Filme von Daniel Brühl, Céline Sciamma und Maria Schrader eingeladen

Sandra Hüller und Dan Stevens in »Ich bin dein Mensch« von Maria Schrader
Foto:Christine Fenzl / Berlinale
Über vier Tage - von Montag bis zum heutigen Donnerstag - nahm sich die Berlinale Zeit, um ihr diesjähriges Programm vorzustellen. Für ein zweigeteiltes Festival, dessen erster Teil selbst nur fünf Tage dauert, ein reichlich ausgedünnter Informationsfluss. Aber zumindest stimmt die Dramaturgie: Mit einem reizvollen Wettbewerbsaufgebot hat das Leitungsduo Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian für einen überzeugenden Schlussakt gesorgt.
Die Auswahl von 15 Filmen, die der künstlerische Leiter Chatrian am Vormittag per Video vorstellte, umfasst in diesem Jahr besonders viele Filme aus Deutschland. So zeigt Dominik Graf seine Kästner-Verfilmung »Fabian oder Der Gang vor die Hunde« mit Tom Schilling in der Hauptrolle. Maria Schrader, für ihre Netflix-Serie »Unorthodox« soeben für den Golden Globe nominiert, ist mit ihrer dritten Kinoarbeit »Ich bin dein Mensch« dabei. Ihr Ensemble weist Maren Eggert, Dan Stevens und Sandra Hüller auf. Bei »Nebenan« steht der Star sowohl vor als auch hinter der Kamera: Bei dem Psychothriller handelt es sich um das Regiedebüt von Daniel Brühl, der auch die Hauptrolle spielt. Das Drehbuch stammt von Daniel Kehlmann.

Daniel Brühl in dem von ihm inszenierten Film »Nebenan«
Foto: Reiner Bajo / BerlinaleDie mancherorts geäußerte Sorge, dass das deutsche Kino unter dem aus Italien stammenden Chatrian womöglich an Präsenz auf der Berlinale verliere, dürfte sich damit als unbegründet erwiesen haben - zumal auch noch hiesige Filmschaffende dabei sind, denen das Festival mit der Einladung in den Wettbewerb eine neue Plattform gibt.
So ist mit Maria Speth und ihrer dokumentarischen Langzeitbeobachtung »Herr Bachmann und seine Klasse« eine Regisseurin vertreten, die zuvor nur in den Nebenreihen der Berlinale zu sehen war. Den größten Sprung macht allerdings Alexandre Koberidze. Das Spielfilmdebüt des Deutsch-Georgiers lief 2017 noch in der autonom organisierten Reihe »Woche der Kritik«, nun konkurriert sein zweiter Langfilm »Was sehen wir, wenn wir zum Himmel schauen?« um den Goldenen Bären. Wie zuvor bekannt gegeben wurde, wird eine sechsköpfige Jury aus Bärengewinner*innen wie Gianfranco Rosi und Jasmila Žbanić über die Preise entscheiden.
Wo sind die internationalen Regiestars?
»Alle Filme transportieren die Unsicherheit, die wir derzeit erleben«, kommentierte Chatrian. Die ausgewählten Filme durchziehe ein Gefühl der Besorgnis, ohne dabei aber den Glauben an die Menschheit zu verlieren. »Die Filme zeigen eine Wut über die Entwicklung unserer Gesellschaft«, sagte Chatrian weiter.
Die starke deutsche Präsenz lenkt allerdings auch davon ab, dass das Programm wenig Filme von international profilierten Regisseurinnen und Regisseuren zu bieten hat. Radu Jude (»Mir ist es egal, wenn wir als Barbaren in die Geschichte eingehen«) ist sicherlich der innovativste und vielfältigste Filmemacher Rumäniens, und der Koreaner Hong Sang-soo hält auch bei einem Output von ein bis zwei Filmen pro Jahr ein erstaunliches Niveau. Aber überraschende Programmierungen sind sie beide nicht.
Immerhin: Dass die Französin Céline Sciamma (»Porträt einer jungen Frau in Flammen«) mit ihrer Coming-of-Age-Geschichte »Petite Maman« Chatrians Einladung gefolgt ist, ist ein Scoop. Zuletzt lief Sciamma in Cannes und wurde dort mit dem Preis für das beste Drehbuch ausgezeichnet. Auch der Japaner Ryusuke Hamaguchi, nun mit »Wheel of Fortune and Fantasy« vertreten, war zuletzt Gast im Wettbewerb von Cannes.

Szenenbild aus »Petite Maman« von Céline Sciamma
Foto: Lilies Films / BerlinaleDass die beiden ihre neuesten Filme in Berlin zeigen, kann indes auch ein Zeichen dafür sein, dass das französische Festival schon so voll mit großen Namen ist, dass die realistischste Aussicht ein Platz in der »Sélection officiel« 2022 gewesen wäre. Wenn Cannes sein Programm in den nächsten Monaten bekannt gibt, dürfte in jedem Fall noch mal klarer werden, wie sehr das französische Festival die Berliner Filmfestspiele in Sachen Regieprominenz mittlerweile abgehängt hat.
Dass Cannes bessere, wenn auch nicht gesicherte Aussichten darauf hat, auch als Präsenzfestival stattzufinden, ist 2021 sicherlich der große Vorteil. Aufgrund der Pandemie haben sich Rissenbeek und Chatrian dazu genötigt gesehen, die Berlinale in zwei Teile aufzusplitten. Vom 1. bis 5. März finden im Rahmen eines sogenannten Industry Event sowohl der Europäische Filmmarkt statt als auch ein Onlineprogramm für Jury und Presse. Am Ende sollen dann die Preisträger*innen bekannt gegeben werden.
Die eigentliche Bärenverleihung soll allerdings erst im Sommer stattfinden: Zum Start des Sommer Special, das für den 9. bis 20. Juni angesetzt ist, soll es eine Gala mit Jury und Gewinner*innen geben. Dann sollen auch die Gewinnerfilme sowie das restliche Programm in Berliner Kinos, indoor wie Open Air, dem breiten Publikum gezeigt werden.