
Boxerdrama "The Fighter": Über den Kampf zum Spiel
Boxerdrama "The Fighter" Zwei Oscar-Gewinner, ein Verlierer
Angeblich hat Mark Wahlberg jahrelang jeden Tag seinen Körper speziell trainiert für die Aussicht, irgendwann in diesem Film mitspielen zu können. Die wahre Geschichte des Boxweltmeisters Micky Ward aus Lowell, Massachusetts, war ihm eine Herzensangelegenheit, immer wieder wurde die Produktion verschoben, die Regisseure wechselten, aber Wahlberg blieb dabei, warb bei den Studios für den Film, verzichtete auf seine übliche Millionengage, er kämpfte.
Und gewann: "The Fighter" von David O. Russell hat in den USA schon knapp 100 Millionen Dollar eingespielt, das Vierfache seines Budgets. Sieben Oscar-Nominierungen gab es, unter anderem für den besten Film. Und trotzdem wird "The Fighter" nicht als der große Triumph des Mark Wahlberg in die Filmgeschichte eingehen. Zwei Oscars gab es für den Film, und sie gingen beide in die Nebendarstellerkategorien, an Melissa Leo und Christian Bale, für zwei spektakuläre Leistungen. "The Fighter" ist ihr Film, nicht der von Wahlberg.
Und das ist auch ein bisschen das Problem, denn der uninteressanteste Charakter in "The Fighter" ist die Titelfigur. Was nicht heißt, dass Micky Ward langweilig ist, er ist nur deutlich weniger verrückt als die Leute um ihn herum. Als Profiboxer taumelt er am Anfang des Films von einer Niederlage zur nächsten, doch sein Traum bleibt eine große Karriere, so eine, wie sie sein älterer Halbbruder Dicky (Bale) einmal fast gehabt hätte, der sogar einst gegen Sugar Ray Leonard kämpfte und nur knapp verlor, dann aber im Crack-Sumpf unterging.
Die Dämonen kommen aus der Familie
Jedoch ist er nicht so weit abgestürzt, als dass er sich nicht als einzig logischer Trainer seines kleinen Bruders fühlen würde. Und auch nicht so weit, dass die geliebte gemeinsame Mutter (Leo) seinen Absturz wirklich wahrgenommen hätte und stattdessen immer noch von einem Comeback ihres Ältesten träumt, während sie ihren Jüngeren als Managerin mit lausiger Beratung die Karriere verbaut.
Ein dünngehungerter, zitternder Drogensüchtiger, der jederzeit vor der Explosion steht, und ein hysterisches, blondgefärbtes Muttertier, das mit Bratpfannen wirft, wenn etwas anders läuft als geplant - das sind hier die Stars. Der nette, etwas schüchterne Junge, der entgegen allen Hindernissen zum Boxstar wird? Nicht so sehr.
Im Grunde ist "The Fighter" ein eher konventionelles Sportlerdrama, das die inspirierende Geschichte einer Überwindung von persönlichen Dämonen mit mitreißenden Wettkampfszenen anreichert und das Ganze mit einem Schuss Lovestory würzt. Nur dass jene Dämonen im Gegensatz zu den üblichen abstrakten Gegnern (Alkoholsucht, Depressionen) ganz reale Gestalten sind, vor denen es kein Entkommen geben kann, weil sie zur Familie gehören und damit im Wertesystem dieses Milieus automatisch zu den Guten.
Loyalität zur Familie bedeutet im Ostküsten-Arbeiterstädtchen Lowell alles, und so stellt auch Micky seinen Bruder und seine Mutter lange nie wirklich in Frage, was neben dem Zuschauer vor allem seine neue Freundin Charlene (Amy Adams, die auch gerechterweise für den Oscar nominiert wurde) in den Wahnsinn treibt. Sie ist die einzige, die es wagt, den beiden zu sagen, wie schädlich sie für Mickys Karriere sind, was im Hause Ward nicht gerade gnädig aufgenommen wird und einen wütenden Mob aus Mickys sieben (!) Schwestern und seiner Mutter vor Charlenes Haus treibt.
Es ist eine tolle Szene und davon gibt es einige in "The Fighter": schnell, vor Leidenschaft brodelnd und humorvoll. Schade, dass das nicht für den Helden gilt.