Vorwürfe vom Patenkind
Frankreichs oberster Filmförderer steht unter Missbrauchsverdacht
Die staatliche Filmförderbehörde Frankreichs kündigte im Oktober eine Initiative gegen sexuelle Gewalt in der Branche an. Nun wird ihrem Chef versuchte Vergewaltigung vorgeworfen. Er bestreitet das.
Der Vorsitzende des französischen Filmförderfonds Centre national du cinéma français (CNC), Dominique Boutonnat, steht unter dem Verdacht der sexuellen Nötigung. Die Polizei nahm den 51-Jährigen am Mittwoch in Gewahrsam, wie die Staatsanwaltschaft des Pariser Vororts Nanterre bestätigte. Sein 22-jähriges Patenkind hatte gegen ihn Anzeige wegen versuchter Vergewaltigung erstattet.
Nach Angaben des Fernsehsenders BFM-TV bestreitet Boutonnat die Vorwürfe. Der Film- und Fernsehproduzent steht seit Juli 2019 an der Spitze des Förderfonds. Die staatliche Behörde untersteht dem Kulturministerium. Unter Boutonnats Leitung kündigte das CNC im Oktober 2020 die Bildung einer Arbeitsgruppe an, die sich dem Kampf gegen sexuellen Missbrauch in der Branche verschreiben sollte.
Vor seiner Ernennung in das Amt beim CNC arbeitete Dominique Boutonnat als Filmproduzent, er war unter anderem an der Finanzierung der Erfolgsfilme »Ziemlich beste Freunde« und »Poliezei« beteiligt. Während des Präsidentschaftswahlkampfes 2017 spendete Boutonnat für den damaligen Kandidaten und heutigen Präsidenten Emmanuel Macron.
In Frankreich sind seit Jahresbeginn eine Reihe ähnlicher Vorwürfe gegen Männer aus Filmbranche und Wissenschaft laut geworden. Auslöser war ein Buch, in dem die Juristin Camille Kouchner ihrem Stiefvater, dem bekannten Politikwissenschaftler Olivier Duhamel, vorwirft, ihren Zwillingsbruder als Jugendlichen missbraucht zu haben.
Die französische Regierung strebt in diesem Zusammenhang eine Gesetzesänderung an. Die sexuelle Penetration von unter 15-Jährigen durch einen Erwachsenen soll grundsätzlich unter Strafe gestellt werden, wie Justizminister Éric Dupond-Moretti im Sender France 2 ankündigte.
Anders als in Deutschland und anderen EU-Ländern gibt es in Frankreich kein gesetzliches Schutzalter für Sex mit Minderjährigen. Nach umstrittenen Freisprüchen von Volljährigen nach angeblich »einvernehmlichem Sex« mit Kindern hatte Präsident Macron bereits 2018 eine Gesetzesänderung angekündigt. In Deutschland liegt das Schutzalter bei 14 Jahren.
feb/AFP
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