

Dave Lizewski ist ein Verlierertyp, wie es sie millionenfach gibt. Ein dünner Teenager, etwas unbeholfen, wenige Freunde, die Mädchen ignorieren ihn. Er verbringt seine Freizeit vorzugsweise mit Comics und Masturbieren. Ein netter Niemand ohne Fähigkeiten und Talente, der die Welt ungerecht und kalt findet und sich wünscht, er könnte das ändern. Vorstellbar, dass er eines Tages austickt und zum Amokläufer wird. Doch Dave (Aaron Johnson) hat einen anderen Plan: er will ein Superheld sein.
Was ohne Superkräfte und teure Waffen ein Problem ist, wie er feststellt, als er bei seinem ersten Einsatz als grünbestrumpfter Rächer Kick-Ass zusammengeschlagen, abgestochen und überfahren wird. Er überlebt und versucht es mit ein paar leidlich schützenden Metallersatzteilen im Körper nochmal. Dank eher ungeschickter Gegner läuft es diesmal besser. Vor allem aber wird er dabei gefilmt und ist einen Tag später ein Star bei YouTube. Kick-Ass ist der Held der Stadt, endlich einer, der mal was tut. Keine Superkräfte, aber trotzdem super, mit der verführerischen Botschaft, dass jeder ein maskierter Held sein kann.
So weit, so gutmoralisch. Aber "Kick-Ass" von Matthew Vaughn ("Layer Cake") hat es nicht so mit der Moral, im Gegenteil. Der Film muss seiner Vorlage gerecht werden, dem erst kürzlich erschienenen Comic von Mark Millar ("Wanted") und John Romita Jr., der in den USA mit dem Slogan warb: "Krankmachende Gewalt: So wie du es magst." So sieht es auch der Film.
Big Daddy und Hit-Girl
Allerdings erst als eine zweite Heldin auf der Bildfläche erscheint, und die ist der wahre Star von "Kick-Ass". Die kleine Mindy (Chloë Grace Moretz, beim Dreh elf Jahre alt) liebt es zu töten, darin hat sie ihr Vater (Nicolas Cage) jahrelang geschult. Im Kampf gegen den Obergangster Frank D'Amico (Mark Strong) haben es sich die beiden als Big Daddy und Hit-Girl zur Aufgabe gemacht, dessen Ganovenarmee auf möglichst brutale Art zu dezimieren, bevor sie sich den Boss vorknöpfen. Erschießen, aufschlitzen, köpfen - alles ist erlaubt, und die immer fluchende Mindy in ihrem Lolita-Kostüm mit pinker Perücke und Lederstiefeln erledigt jeden Mord mit so viel Begeisterung und Treffsicherheit, dass sich ihr Papa vor Stolz gar nicht einkriegt.
Kick-Ass hat das Glück, dass sich das Vater-Tochter-Duo mit ihm verbündet, sonst wäre er angesichts seiner mangelnden Begabung auch bald Geschichte. Nicht, dass das einen großen Unterschied machen würde, denn zu dem Zeitpunkt interessiert sich der Film nicht mehr sonderlich für ihn. Jetzt geht es darum, die kleine Mindy als übercoole Killerbraut zu inszenieren, etwa so wie es Quentin Tarantino mit Uma Thurman in "Kill Bill" gemacht hat, nur dass die deutlich älter als elf war. Das Publikum will Blut sehen, und das soll es bekommen. Ein Mensch platzt in einer riesigen Mikrowelle, ein anderer wird lebendig verbrannt. In "Kick-Ass" geht es immer noch ein bisschen krasser.
Das ist natürlich ziemlich krank, hat aber vor allem in der ersten Hälfte durchaus Witz. "Kick Ass" wirkt am Anfang wie eine boshafte, aber originelle Superhelden-Satire, ein Spaß, der sich nicht ernst nimmt, bunt und laut und schnell. Mit der zunehmenden Fetischisierung der elfjährigen Killerin kippt das ganze allerdings mit der Zeit vom fies-charmanten Cartoon zum zynischen Blutrausch. Die spöttische Distanz der Vorlage zu den Hauptfiguren hält der Film nicht durch - er erklärt die Kleine nach und nach zur ehrenwerten Heldin, die zwar blutlüstern ist, aber doch aus tiefer Überzeugung für das Gute kämpft. Girl Power heute.
Und mit dem Drang, den Gewaltlevel stets ein bisschen zu steigern, wird das Finale zum knalligen aber stumpfen Blutrausch, zur verklärten Heldinnensaga. "Kick-Ass" ist ein durchgehend unterhaltsamer, energiegeladener Film. Mit viel Liebe gemacht. Aber ohne Herz.
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Hinter Hit-Girl verbirgt sich allerdings die elfjährige Mindy (Chloe Grace Moretz) - und die liebt es zu töten.
Dave Lizewski (Aaron Johnson) träumt davon, ein Superheld zu sein. Im grünen Anzug verwandelt er sich in Kick-Ass.
Dabei ist Dave (Mitte: Aaron Johnson, mit Evan Peters, l., und Clark Duke) ein etwas unbeholfener Verlierertyp, wie es sie millionenfach gibt.
Weil Kick-Ass gar keine Superkräfte hat, wird er erst zusammen mit Hit-Girl (Chloe Grace Moretz) wirklich zum Rächer.
Ihr Gegenspieler ist Red Mist (Christopher Mintz-Plasse), der als Superheld verkleidete Sohn des Obergangsters.
Die verführerische Botschaft des Films: Jeder kann ein maskierter Held sein. (Links: Aaron Johnson, rechts: Christopher Mintz-Plasse)
Hit-Girl im Kampf mit dem Oberganoven Frank D'Amico (Mark Strong): Girl Power heute
Erschießen, aufschlitzen, köpfen - alles ist erlaubt bei der immer fluchenden Mindy in ihrem Lolita-Kostüm mit pinker Perücke und Lederstiefeln.
Für Kick-Ass interessiert sich der Film in seiner zweiten Hälfte nicht mehr sonderlich.
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