Coming-of-Age-Film "Submarine" Freak bleibt Freak

In Richard Ayoades neuem Film "Submarine" versucht ein Junge aus Wales den Aufstieg vom Außenseiter zum coolen Typen. Zwecklos.
Von Jochen Pioch
Coming-of-Age-Film "Submarine": Freak bleibt Freak

Coming-of-Age-Film "Submarine": Freak bleibt Freak

Foto: Kool Film

Irgendwann, als Oliver mal wieder vor allen Mitschülern gedemütigt wird, weil er die falsche Frau liebt, zu lange Haare hat oder sich einfach zu wenig wehrt, fragt man sich, ob "Submarine" nicht ein ganz anderer Film hätte werden können. Einer, der davon erzählt, dass die Pubertät auch ihre guten Seiten hat, Arbeitstitel: "Wie glücklich ich mit 15 war", oder besser: "Mein gelungenes erstes Mal". Das wäre wirklich etwas Neues.

Stattdessen erzählt der britische Regisseur Richard Ayoade von einer Jugend, in der alles schiefläuft, und das birgt nicht so viele Überraschungen: Ein schlaksiger Teenager in der Provinz hat Probleme mit Mädchen und leidet unter seinem spießigen Zuhause. Oliver (Craig Roberts) aus Wales liest Shakespeare, wünscht sich aber heimlich, zu den coolen Jungs zu gehören. Um seinem Außenseiterdasein zu entkommen, beschließt er, eine Freundin zu finden und zudem die Ehe seiner Eltern wieder ins Lot zu bringen.

Angriff aus dem Verborgenen

In der Kleinstadt-Gymnasiums-Welt lauern die Klischees an jeder Ecke, was nicht unbedingt schlecht sein muss, wenn man sie so schrill überzeichnet wie Ayoade: Der Schulhof ist ein Mobbing-Schlachtfeld, das nur Opfer oder Täter kennt. Das Mädchen, in das der Held sich verliebt, zündet am liebsten wahllos Dinge an, so aufregend ist sie. Und Olivers Eltern leben die Karikatur einer toten Ehe, in der ein Kinoabend mit den Nachbarn wie ein verwegenes Abenteuer erscheint. Als Olivers Vater (Noah Taylor), ein Meeresbiologe, von dessen neuer Freundin erfährt, drückt er dem Sohn erst mal eine Kassette mit Kuschelmusik in die Hand, die angeblich schon in seiner eigenen Jugend sehr hilfreich war.

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Coming-of-Age-Film „Submarine“: Freak bleibt Freak

Foto: Kool Film

Aus diesem absurd-komischen Gruselkabinett zieht Oliver sich in seine Gedanken zurück. Wie das U-Boot auf dem Poster, das an seiner Zimmerwand hängt, versucht er, abzutauchen und aus dem Verborgenen zu operieren. Ein gefälschter Liebesbrief, den er seiner Mutter (Sally Hawkins) hinlegt, soll ihre Leidenschaft für den Vater wieder aufglühen lassen. Einer Mitschülerin, die noch unbeliebter ist als er, schreibt Oliver eine Broschüre über Mobbingabwehr.

Und natürlich wird auch der Flirt mit der Pyromanin Jordana (Yasmin Paige) penibel geplant. Wie der Versuch, seine Eroberung endlich zum ersten Sex zu überreden: schön in Anzug und Krawatte, mit roten Ballons und Blumenmeer. Endet natürlich trotzdem im Desaster. Und wenn er doch noch bekommt, was er will, dann bleibt die erhoffte Erlösung aus.

Der größte Spinner von allen

Regisseur Richard Ayoade ist in seiner Heimat ein bekannter Komiker und hat Musikvideos für Bands wie die Arctic Monkeys gedreht. Deren Sänger und Songwriter Alex Turner hat dann auch gleich den Soundtrack für "Submarine" beigesteuert.

Ayoade ist ein Meister darin, Stimmung zu erzeugen, auch schlechte Stimmung. Die biederen Eigenheime, die Schrottplätze und Bahngleise, die Verlorenheit der Kleinstadt, all das ist überzeugend in Szene gesetzt. Das Licht von Wales ist so trüb wie der Blick des Protagonisten, und kein Zuschauer wird Oliver um sein Leben beneiden.

Doch auch das Mitleid hält sich in Grenzen, denn die Geschichte folgt letztlich ziemlich bekannten Mustern. Oliver ist so unbeholfen und verstockt, dass er schnell zum größten Spinner dieses spinnerreichen Films wird, wirklich nahe kommt man ihm nicht. Er hangelt sich von einem Missgeschick zum nächsten, ohne dass er aus seinem Schaden auch mal klüger wird. Eine Zeitlang macht es Spaß, diesem Sonderling zuzuschauen und darauf zu warten, dass er sich verwandelt, dass das Genie im Freak zum Vorschein kommt. Aber manchmal ist da eben nur ein Freak.


Submarine. Start: 17.11. Regie. Richard Ayoade. Mit Craig Roberts, Yasmin Paige, Noah Taylor.

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