Detlev Bucks "LiebesLuder" Falscher Fuffziger
Wahrscheinlich wurde selbst Detlev Buck die "Höhenluft" des Sauerlands zuviel: all die öden Bäume, die akkurat nach der Sonne ausgerichteten Fachwerk-Planquadrate und die Menschen erst! Dreißigjährige wohlbetuchte Daheimgebliebene und ihre Rituale: Machen Karriere, reproduzieren sich und bleiben dabei so spießig visionslos wie ihre Erzeuger. Kein Wunder, dass sich angesichts dieses Horror vacui der letzte Funken Humor bleischwer zu Boden senkt und alle Bemühungen, den Plot in Fahrt und Facon zu bringen, ins Stocken geraten.
Dabei startet "LiebesLuder" vielversprechend mit dem Monolog des egomanischen Schmierlappens "Nase" (Pierre Besson). Das Abziehbild eines Jung-Bankers ist seit Ewigkeiten mit der schusselig-naiven Christine (Anke Engelke) liiert und will nun endlich heiraten. Doch ein paar Wochen vor der Hochzeit spaziert ein junges blondes Wesen durch das Städtchen und signalisiert Paarungsbereitschaft. Ina (Mavie Hörbiger) ist zierlich, hübsch und kurioserweise selbst den plumpesten Annäherungsversuchen gegenüber nicht abgeneigt. Bei ihr dürfen alle ran: Nase, der dumpfe Sägewerkbesitzer Wagner (Bruno Cathomas) und Karuso (Matthias Matschke), Leiter des kleinen Privatflugplatzes, wo sich die Clique der Hobbypiloten regelmäßig trifft.
Himmlische Zeiten brechen für sie an, doch dann, ausgerechnet zu Nases Hochzeit, präsentiert das Luder den Herren die Quittung. Klein, dunkel und quadratisch belegt eine Ultraschall-Aufnahme Inas Schwangerschaft. Wer ist der Vater? Selbstredend will es plötzlich keiner gewesen sein. Dafür müssen alle zahlen, denn das engelsgleiche Wesen entpuppt sich als Miststück. Erwartungsgemäß gerät die kleine Welt der Möchtegern-Dandys aus den Fugen. Und damit steuert Buck zum ernsten Teil seiner Provinz-Farce. Die eitlen Fratzen der Herren verzerren sich und enthüllen hinlänglich bekannte Reaktionsmuster. Nur eine ordentliche Abreibung hilft, schlägt der ungelenke Metzgermeister Wusch vor, der einzig Sympathische dieser Herrenriege, in dessen Haut Detlev Buck bezeichnenderweise höchstpersönlich schlüpfte. Der debile Wagner hingegen bevorzugt eine andere Methode - Ina soll das Schicksal unerwünschter Kätzchen teilen. So stolpern plötzlich Mord und Totschlag durchs beschauliche Ambiente - und erwischen prompt die Falsche.
Mehr Ernst hatte Buck versprochen, allerdings werden diese flüchtigen Skizzen einer schwarzen Komödie nicht gerecht. Waren seine Charaktere bislang mit dem entsprechenden Landstrich fest verbunden und begeisterten mit liebenswerten Eigenheiten, haben diese selbstgefälligen Lackaffen hier jede Bodenhaftung verloren. Buck zeigt keine typischen Sauerländer, sondern siegesgewohnte Unmenschen, die er viel zu pfleglich behandelt. Nur deren Ehefrauen sorgen zwischen Kaffeeklatsch und Reste-Eintuppern für die eine oder andere Pointe. Doch selbst Anke Engelke enttäuscht bei ihrem Leinwanddebüt. Unbeholfen bedient sie das spröde Klischee der Auto fahrenden Frau. Ausnahme bleibt lediglich Wuschs Frau Suse (Barbara Philipp), die Ina als Einzige misstrauisch beäugt und wie eine Furie für ihr häusliches Glück kämpft. So entwickelt sich "LiebesLuder" viel zu langsam zum halbgaren Krimi, um dann als Tragikkomödie zu enden. Kein Wunder, bei den vielen Bäumen und Fachwerkbauten. Die besten Bucks - Filme wie "Karniggels" oder "Wir können auch anders..." - kamen noch immer aus dem nordischen Flachland. Dass auch er "anders kann", hätte er uns nicht unbedingt beweisen müssen.
"LiebesLuder". Deutschland 2000. Drehbuch/Regie: Detlev Buck; Darsteller: Mavie Hörbiger, Anke Engelke, Pierre Besson, Barbara Philipp, Detlev Buck, Matthias Matschke, Bruno Cathomas, Annette Paulmann, Simon Schwarz. Verleih: Delphi; Länge: 91 Minuten; Start: 2. November 2000.