Deutscher Filmpreis "Systemsprenger" mit elf Jahre alter Helena Zengel gewinnt acht Lolas

Wie geht man mit einem Kind um, das gewalttätig wird? Das Drama "Systemsprenger" stellt sich diese Frage auf berührende Weise - und gewinnt damit beim Deutschen Filmpreis.
Berliner Schauspielerin Helena Zengel: "Lola" für ihre Rolle in "Systemsprenger"

Berliner Schauspielerin Helena Zengel: "Lola" für ihre Rolle in "Systemsprenger"

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Britta Pedersen/ dpa

"Systemsprenger" mit seiner erst elf Jahre alten Hauptdarstellerin Helena Zengel ist der große Gewinner beim Deutschen Filmpreis. Das Drama um ein verhaltensauffälliges Mädchen räumte in der Nacht zu Samstag acht Lolas ab, darunter auch die Königskategorie bester Spielfilm. Das im Vorfeld mit elf Nominierungen favorisierte "Berlin Alexanderplatz" holte fünf Preise.

Wegen der Coronakrise gab es keine Gala für die Preisverleihung, dafür eine live übertragene Fernsehshow. Der Präsident der Deutschen Filmakademie, Ulrich Matthes, mahnte, auch trotz der Pandemie sollten die Menschen die Kultur nicht vergessen. "Das Kino, es soll leben." Die Preisverleihung solle auch "ein solidarisches Unterhaken mit anderen Künstlern sein".

Höchstdotierter Kulturpreis

Die Lola ist mit rund drei Millionen Euro an Preisgeldern der höchstdotierte deutsche Kulturpreis:

  • Für den Gewinn der Kategorie bester Spielfilm bekam "Systemsprenger" die Lola in Gold und 500.000 Euro.

  • Die Lola in Silber brachte den Machern von "Berlin Alexanderplatz" 420.000 Euro,

  • die Lola in Bronze den Machern von "Es gilt das gesprochene Wort" 370.000 Euro.

"Systemsprenger" erzählt die Geschichte der neunjährigen Benni, die mit ihren Aggressionen ihre Mitmenschen zur Verzweiflung treibt. Für Helena Zengel als Hauptdarstellerin in dem bereits bei der Berlinale im vergangenenen Jahr mit einem Silbernen Bären ausgezeichneten Film gab es eine Lola in der Kategorie beste weibliche Hauptrolle.

Die gebürtige Berlinerin konnte sich gegen Anne Ratte-Polle durchsetzen, die für "Es gilt das gesprochene Wort" nominiert war und gegen Alina Serban, die für "Gipsy Queen" nominiert war.

Zengel dankte vor allem ihrer Mutter für die Unterstützung ihrer Karriere. Zuletzt stand die Schülerin an der Seite von US-Star Tom Hanks vor der Kamera, in dem noch nicht in die Kinos gekommenen Hollywoodfilm "News of the World".

"Systemsprenger" konnte neben der Kategorie bester Film und weibliche Hauptrolle auch die Kategorien Drehbuch, beste Regie, weibliche Nebenrolle, Tongestaltung, Schnitt und die des besten Hauptdarstellers gewinnen. Diesen Preis bekam Albrecht Schuch.

Gleich zwei "Lolas" für Albrecht Schuch

Der 34-jährige Schuch bekam damit gleich zwei Lolas - eine weitere erhielt er in der Kategorie bester männlicher Nebendarsteller in "Berlin Alexanderplatz". Das an den Roman von Alfred Döblin angelehnte Drama wurde zwar nicht der größte Abräumer, holte aber auch mehrere Lolas. Neben der Kategorie bester männlicher Nebendarsteller auch für die beste Kamera, bestes Szenenbild und die beste Filmmusik.

Der Film "Lindenberg! Mach dein Ding" über den Aufstieg von Sänger Udo Lindenberg wurde für das beste Maskenbild und das beste Kostümbild geehrt. Die Lola für den besten Dokumentarfilm bekamen Alex und Ira Tondowski für "Born in Evin", bester Kinderfilm wurde die Literaturverfilmung "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl".

Die Preisträger und auch viele Laudatoren wurden per Video zur Live-Show ins Studio geschaltet. So auch Edgar Reitz - der 87 Jahre alte Erfinder und Regisseur der Filmreihe "Heimat" erhielt für sein Lebenswerk eine Ehren-Lola. Insgesamt wurden die Lolas in 20 Kategorien verliehen.

"In Zeiten des Abstandhaltens und Zuhausebleibens ist die Verleihung des Filmpreises Lola ein wichtiges Zeichen der Ermutigung", erklärte Kulturstaatsministerin Monika Grütters. "Die Filmkultur ist auch in dieser schweren Krise lebendig und vermittelt uns allen Freude und Zuversicht."

Die Lolas gelten als wichtigste nationale Auszeichnung in der Filmbranche. Die etwa 2000 Mitglieder der Deutschen Filmakademie haben über die meisten der Gewinner abgestimmt.

Die Gewinner des 70. Deutschen Filmpreises in der Übersicht:

BESTER SPIELFILM GOLD:

"Systemsprenger" von Nora Fingscheidt

BESTER SPIELFILM SILBER:

"Berlin Alexanderplatz" von Burhan Qurbani

BESTER SPIELFILM BRONZE:

"Es gilt das gesprochene Wort" von Ilker Çatak

BESTER DOKUMENTARFILM:

"Born in Evin" von Maryam Zaree

BESTER KINDERFILM:

"Als Hitler das rosa Kaninchen stahl" von Caroline Link

BESTE WEIBLICHE HAUPTROLLE

Helena Zengel ("Systemsprenger")

BESTE MÄNNLICHE HAUPTROLLE:

Albrecht Schuch für "Systemsprenger"

BESTE WEIBLICHE NEBENROLLE:

Gabriela Maria Schmeide für "Systemsprenger"

BESTE MÄNNLICHE NEBENROLLE:

Albrecht Schuch für "Berlin Alexanderplatz"

BESTE REGIE:

Nora Fingscheidt für "Systemsprenger"

BESTES DREHBUCH:

Nora Fingscheidt für "Systemsprenger"

BESTE KAMERA/BILDGESTALTUNG:

Yoshi Heimrath für "Berlin Alexanderplatz"

BESTER SCHNITT:

Stephan Bechinger und Julia Kovalenko für "Systemsprenger"

BESTE MUSIK:

Dascha Dauenhauer für "Berlin Alexanderplatz"

BESTES SZENENBILD:

Silke Buhr für "Berlin Alexanderplatz"

BESTES KOSTÜMBILD:

Sabine Böbbis für "Lindenberg! Mach dein Ding"

BESTES MASKENBILD:

Astrid Weber und Hannah Fischleder für "Lindenberg! Mach dein Ding"

BESTE TONGESTALTUNG:

Corinna Zink, Jonathan Schorr, Dominik Leube, Oscar Stiebitz und Gregor Bonse für "Systemsprenger"

BESTE VISUELLE EFFEKTE UND ANIMATION:

Jan Stoltz und Claudius Urban für "Die Känguru-Chroniken"

BESUCHERSTÄRKSTER FILM DES JAHRES:

"Das perfekte Geheimnis" von Bora Dagtekin

EHRENPREIS:

Edgar Reitz

oka/AFP/dpa
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