Dritter Teil der "Twilight"-Saga Saugendes Elend

Dritter Teil der "Twilight"-Saga: Saugendes Elend
Foto: ConcordeBella! Edward! Jacob! Das magische Dreieck der "Twilight"-Saga ist zurück! Millionen Teenager geraten in Wallung, und eine Unterversorgung der Zielgruppe ist nicht zu befürchten: Die dritte Kino-Adaption von Stephenie Meyers Vampir-Bestsellerreihe startet in den USA gleich mit über 4000 Kopien. Um Überraschungen geht es dabei allerdings nicht: Ähnlich den "Harry Potter"-Verfilmungen, sind auch die "Twilight"-Fans durch die Romanlektüre bestens über die Story informiert.
"Eclipse" spinnt die Beziehung zwischen der 18-jährigen Bella Swan (Kristen Stewart) und dem immerjungen Vampir Edward Cullen (Robert Pattinson) weiter fort. Bella will ein Vampir und folglich unsterblich werden, damit sie Edward nicht durch ihr Altern verliert. Edward hingegen möchte zunächst eine richtige Hochzeit und verweigert Biss und Sex vor der Ehe. Also alles, was Lust bedeutet und Spaß macht. Aber es gibt in der Kleinstadt Forks ja noch einen potenten Konkurrenten um Bellas Gunst, den jungen Ureinwohner und Teilzeit-Werwolf Jacob (Taylor Lautner). Der ist buchstäblich heißblütiger als der kühle Rühr-mich-nicht-an Edward, und stürzt Bella erneut in eine romantische Sinnkrise.
Alpträume im Kollektiv
Die beiden Verehrer überbieten sich in Eifersucht und Liebesschwüren, doch als die rachsüchtige Blutsaugerin Victoria (Bryce Dallas Howard) mit einer Schar marodierender Untoter gegen die Einwohner Forks zieht, können die Vampir-Familie Cullen und der Werwolf-Clan nur gemeinsam Bella beschützen. Also raufen sich die Erbfeinde für einen mäßig aufregenden Showdown zusammen, bei dem auch die Volturis, eine bereits aus "New Moon" bekannte aristokratische Sauger-Sippe vorbeischauen. Das sorgt zwar keineswegs für Spannung, verschafft aber Dakota Fanning einen weiteren Auftritt als rotäugiges Alptraumbalg.

Dritter Teil der "Twilight"-Saga: Schwulst der Vampire
Aber wie gesagt: Die Zielgruppe weiß ja schon, was sie erwartet. Sie strömt in die Kinos, um Bestätigung im Kollektiv zu finden. Wer mitreden und -schmachten will, muss halt dabeigewesen sein. Popkultur als Plebiszit - die Verantwortlichen wissen um die Macht ihres Publikums. Was der Inszenierung nicht unbedingt zuträglich ist: Freiheiten, die sich Regisseurin Catherine Hardwicke bei "Twilight" noch erlauben konnte, und die den ersten Film zu einem samtschweren, atmosphärisch dichten Adoleszenzdrama machten, fehlten schon beim erschreckend uninspirierten Sequel "New Moon" von Chris Weitz. Je mehr Meyers zäh mäandernde Prosa die Drehbücher diktiert, desto weniger Raum bleibt für reizvolle Metaphorik in der Beziehung der jugendlichen Helden.
Da hilft es leider wenig, dass Regisseur David Slade vor "Eclipse" visuelles Flair und ein Faible für abgründige Szenarien bewiesen hat - mit dem kontroversen Selbstjustizthriller "Hard Candy" und dem Neo-Dracula-Reißer "30 Days of Night". Im ersten Teil der "Twilight"-Saga ging es noch um den Einbruch des Phantastischen in eine glaubhafte Realität, hier ist jedoch alles nur klischierte Fantasy. Die wenigen Momente, in denen sich Bella überhaupt als normal empfindsame Schülerin zwischen ihren Altersgenossen bewegt, sind weder glaubhaft, noch ließen sie die ansonsten vorherrschende Schwülstigkeit vergessen. Gipfel des Kitsches ist die Zeltnacht, welche Bella, Edward und Jacob in verschneiter Gebirgskulisse verbringen und gegen die Luis Trenkers Bergdramen nachgerade subtil wirken. Die ständig beteuerte Leidenschaft der Figuren bleibt ein Lippenbekenntnis, das trotz der schmusetauglichen Szenerie ungerührt lässt.
Der Horror ist die Adoleszenz
Das Zwanghafte in den sich stetig wiederholenden Gefühlsäußerungen erinnert frappierend an die Rituale einer Casting-Show: Wer wird Bellas nächster übernatürlicher Freund, der elegante Edward mit dem zarten Glitzerteint oder der kernige und konsequent hemdfreie Jacob? Das Publikum vergibt Noten und verteilt seine Zuneigung unter den Kandidaten, die unermüdlich Bella, den Unschuldsfetisch, umwerben. Ein Ende dieser emotionalem Selbstkasteiung und gegenseitigen Versagung des Glücks ist nicht abzusehen.
So trägt die Trio-Beziehung in "Eclipse" zweifellos sado-masochistische Züge: Eine sittenstrenge S/M-Erzählung, die ihren Lustgewinn aus dem Verbot sinnlichen Vergnügens zieht. Sie behauptet Romantik, zelebriert aber eigentlich nur den Narzissmus seiner elitären Helden. Eine Teen-Vampirsaga, die zwar den Tod in vielfacher Form kennt, doch keine Ahnung von Trauer und der Flüchtigkeit der Jugend hat. Die in jedem Kinderzimmer Vampire und Werwölfe findet, sich aber nicht für die wirklichen, überlebensgroßen Dramen der Teenager interessiert.
Darum sind es auch keine blassen Sauger oder sonstige Monster, die hier erschrecken. Es ist allein das finstere Bild einer Adoleszenz, in der Liebe nur als Leid erfahrbar wird, das "Eclipse" zu einem Horrorfilm macht.