Film-Tipp Verführungskino, gefühlsecht
Bollywood macht munter, jedenfalls das indische Milliardenpublikum. Bollywood? Niemals, finden dagegen immer noch viele Westzuschauer, die sich vor endlosem, krachbunten Masala-Schwulst mit vordergründiger Dramaturgie fürchten.
Vielleicht sollten sie genauer hinsehen. Oft steckt eine tiefere Bedeutung hinter der knallbunten Bollywood-Oberfläche, werden nationale und private Konflikte, Traumata und Träume, Tragik und Gesellschaftskritik sichtbar. Yash Chopras rauschendes Heimat-Epos "Veer-Zaara" von 2004 hat es wunderbar veranschaulicht, einer der ersten Bolly-Superhits überhaupt, der im hiesigen Kino und Fernsehen lief.
Auch Regisseur Kunal Kohlis "Fanaa" was etwa Verlöschen, Zerstörung bedeutet, - ist beides, saftiges Bolly-Melodram und patriotischer Polit-Thriller: Erzählt wird die Geschichte der schönen, blinden Zooni aus Kaschmir, die ohne Eltern nach Delhi reist und sich dort in den leichtlebigen Fremdenführer Rehan verliebt. Rehan aber stirbt bei einem Bombenanschlag und läßt Zooni verzweifelt zurück.
Womit die Romanze ins Action-Genre umschwenkt. Denn Rehan ist keineswegs tot, sondern er ist abgetaucht ein von der indischen Abwehr schon lange gesuchter Terrorist, der mit allen Mitteln der Täuschung und Gewalt für die Autonomie seiner Heimat Kaschmir kämpft. Vorbereitungen zu einem Attentat bringen ihn sieben Jahre später in die malerisch verschneite Bergwelt Nordindiens, die der Regisseur aus Sicherheitsgründen nach Polen in die Hohe Tatra verlegt hat. Und natürlich landet Rehan bei Zooni, die dort mit einem siebenjährigen Kind bei ihrem Vater lebt und zerrissen zwischen Liebe und Entsetzen über Rehans wahre Identität eine schwere Entscheidung treffen muss.
Das und andere steinerweichende Verwicklungen, vertieft durch fünf eingängige Songs, unterhält bestens und ist durchaus geeignet, in seiner unbekümmerten Andersartigkeit westlich zentrierte Sehgewohnheiten zu erweitern ganz besonders, weil das Heldenpaar mit zwei der glaubwürdigsten Bollyood-Spitzenstars so herzhaft und grandios besetzt ist: mit Aamir Khan ("Rang de Basanti") und mit Kajol ("Dilwale Dulhania Le Jayenge"), die nach langer Leinwandabsenz ein großartiges Comeback feiert.
Doppel-DVD: Fanaa" (Rapid Eye Movies)