Mystery-Thriller "Red Lights": De Niro versucht's als Uri Geller
Foto: Wild Bunch GermanyFrau Professor hat die Hosen an. Dr. Margaret Matheson alias Sigourney Weaver stemmt sich seit mehr als 30 Jahren gegen Unvernunft und Gaukelei. Meistens sind es Männer, die sie entlarvt: Hochstapler, die sich als übernatürlich begabt ausgeben und den Naiven und Leichtgläubigen das Geld aus der Tasche ziehen. Ihren Studenten predigt Matheson gesunde Skepsis gegenüber mysteriösen Phänomenen - für die übrigens auch ihr Lehrstuhl-Widersacher, ein gnomenhafter Streber, anfällig ist.
Doch auch sie hat ihren schwachen Punkt. Schon vor Jahrzehnten konnte sie Simon Silver, dem von Robert De Niro gespielten blinden Star der Esoterikszene, nicht das Handwerk legen, weil der raffiniert auf der Klaviatur ihrer Gefühle spielte. Mathesons Sohn David lag im Koma, die Schulmedizin war hilflos, und ausgerechnet Silver deutete Hoffnung an, als er in einer TV-Show vorgab, Kontakt mit David aufnehmen zu können. Matheson kochte damals vor Wut, aber sie bekam es auch mit der Angst zu tun.
Nun bereitet der lange Zeit untergetauchte Silver seine publikumswirksame Rückkehr vor, doch Matheson scheut die Konfrontation noch immer: Zu sehr hat sie die damalige Auseinandersetzung mit Silver traumatisiert, und immer noch siecht ihr Sohn dahin. Ihr Assistent Tom (Cillian Murphy), der Matheson mit Mess- und Aufzeichnungsgeräten zur Seite steht, ist allerdings weniger zimperlich und will Silver endlich als Betrüger entlarven.
Gute Wissenschaftler, böse Gabelverbieger
Soweit die Ausgangslage in "Red Lights", dem neuen Film vom spanischen Regisseur und Drehbuchautor Rodrigo Cortés: Die Wissenschaft ermittelt umsichtig, Hellseher und Gabelverbieger sind gemeingefährlich oder zumindest volksverdummend. Damit hat er zumindest schon mal den Londoner Psychologie-Professor Chris French überzeugt, der unlängst im "Guardian" die historischen Scharlatanvorbilder von "Red Lights" entschlüsselt hat (den berüchtigten Ex-Fernsehprediger Peter Popoff beispielsweise), und den Film bei der Gelegenheit "trotz Schwächen als originell und unterhaltsam" empfahl. Das sah die US-Kritik, die Cortés noch nach dessen klaustrophobischem Thriller "Buried - Lebend begraben" von 2010 als großes Talent gefeiert hatte, aber ganz anders und verriss "Red Lights" größtenteils als Quatsch aus der untersten "Akte X"-Schublade.
Dabei wollte Cortés mit seiner laut Selbstauskunft "wissenschaftlichen Annäherung an paranormale Phänomene" hoch hinaus und visierte einen "stylishen, aber verschwitzten Genre-Film mit der Seele eines politischen Thrillers" im Stil von "Costa-Gavras oder Sidney Lumet oder Alan Pakula" an. Mit diesem Anspruch an gesellschaftliche Relevanz hat er sich zwar verhoben, total ohne Reiz ist "Red Lights" aber nicht. Das erste Drittel, in dem einige Kniffe der Seherbranche enttarnt werden, unterhält mit gepflegt despektierlichem Zynismus. Doch dann verliert Cortés die klare Linie und laviert sich unentschieden in eine agnostische Ecke, verstrickt sich in zähen Genre-Konventionen und stolpert dann in ein übergeschnapptes Nonsens-Finale. Die Grandezza eines Brian De Palma oder Dario Argento hätte das vielleicht retten können, aber am Ende hat Cortés doch nur billigen Budenzauber zu bieten.
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Sie kennt jeden Kartentrick: Beim Entlarven übersinnlicher Scharlatane lässt sich Dr. Margaret Matheson (Sigourney Weaver) nicht hinters Licht führen.
Physiker Dr. Tom Buckley (Cillian Murphy) überlistet Hochstapler mit Hightech.
Assistentin Monica (Joely Richardson) bringt ihren Chef, den Star-Magier Simon Silver (Robert De Niro, links), zum Psycho-Check in die Uni. Der Hellseher Silver ist blind, hat aber dennoch den Durchblick. Was man vom Uni-Psychologen Dr. Shackleton (Toby Jones, rechts), Mathesons Lehrstuhl-Widersacher, nicht behaupten kann.
Im Fernsehtalk mit ihren Widersachern gerät die sonst so souveräne Matheson in die Defensive.
Simon Silver hebt ab, doch sein großer Auftritt wirkt etwas billig. Hat er etwa Energiesparlampen reingeschraubt?
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