

Hamburg/Berlin - Im Internet hat der Werbespot bereits für Furore gesorgt, nun wurde der Clip von Tobias Haase auch von der Jury des Nachwuchsfilmpreises First Steps Award geehrt: Als bester Werbefilm ist der Absolvent der Filmakademie Ludwigsburg am Montagabend in Berlin mit 10.000 Euro für den besten Werbefilm ausgezeichnet worden. Hitler wird darin dank moderner Autotechnik in seinem österreichischen Heimatdorf als Kind überfahren. Am Ende erscheint der Slogan "Erkennt Gefahren, bevor sie entstehen".
Der Autohersteller Mercedes-Benz, ein Unterstützer des Filmpreises, hat sich von dem Clip distanziert. Die Jury stärkte Haase hingegen den Rücken, er bleibe seinen Idealen treu, hieß es. "Solche Ideen-Verfechter braucht die Kreativbranche." Als Zuschauer werde man durch den Spot förmlich gezwungen, sich eine Meinung zu bilden. Noch nie habe die Jury so kontrovers diskutiert.
Normalerweise geht es bei dem renommierten Preis, der von der Deutschen Filmakademie verliehen wird, eher um die nominierten Spielfilme. Dieses Mal waren etwa Helmut Dietls Sohn David ("König von Deutschland") und Frauke Finsterwalder ("Finsterworld") unter den Kandidaten.
Auf der Gewinnerliste stehen besonders viele junge Filmemacher von der Akademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Beispielsweise Cosima Maria Degler, die für "Zwei Mütter" über ein lesbisches Paar mit Kinderwunsch den No Fear Award für eine couragierte Produktion gewann. Produzententochter Nina Eichinger zitierte ihren 2011 gestorbenen Vater Bernd, der neben Nico Hofmann einer der Gründer des Preises war: "Angst ist ein schlechter Ratgeber."
Auch der FC Basel hat mal gegen Manchester United gewonnen
Bezeichnend war der Ausschnitt aus dem Sieger bei den Dokus: In "Neuland" begleitet Anna Thommen Ausländer bei einem Integrationskurs in der Schweiz. Der Lehrer erklärt, dass die Schüler wie im Fußball nicht aufgeben sollten: "Natürlich sind Ihre Voraussetzungen schlecht, natürlich sind Sie der FC Basel." Aber der hat schließlich auch mal gegen Manchester United gewonnen.
Den mit 25.000 Euro dotierten Preis für den besten abendfüllenden Spielfilm bekam Jöns Jönsson von der Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf Potsdam-Babelsberg für "Lamento". Ein Film über eine Mutter, die ihre Tochter verloren hat.
Die Jurys setzen sich aus namhaften Experten aus Werbung und Film zusammen, für den Dokumentarfilmpreis gehört etwa der Journalist Gerd Ruge dazu, für den Werbefilmpreis unter anderem der Chefredakteur von "Werben & Verkaufen", Jochen Kalka, und für die Kategorie Spielfilmpreis u.a. die Regisseurin Sherry Hormann und die Schauspielerin Ina Weisse.
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Bester Werbefilm: "MCP" von Tobias Haase. Hitler wird darin dank moderner Autotechnik in seinem österreichischen Heimatdorf als Kind überfahren. "Solche Ideen-Verfechter braucht die Kreativbranche", so die Begründing der Jury.
Bester Dokumentarfilm: "Neuland" von Anna Thommen. Darin werden Schülerinnen und Schüler einer Basler Integrationsklasse über zwei Jahre hinweg begleitet. "Ausgezeichnet werden eine Regisseurin und eine Kamerafrau, die mit Sensibilität und Respekt einen Film von großer visueller und emotionaler Kraft geschaffen haben", sagten die Preisverleiher.
Bester abendfüllender Spielfilm: "Lamento" von Jöns Jönsson. Eine Mutter errichtet mit verbissenem Willen einen Wall aus Routine und Alltagsritualen, hinter dem sie sich vor dem Schmerz um den Tod ihrer Tochter verschanzt. "Ein stiller, rätselhafter und sehr berührender Film über die Lügen und Geheimnisse, in die sich eine Mutter nach dem unfassbaren Verlust ihres Kindes einzuspinnen versucht", so die Begründung der Jury.
NO FEAR Award: "Zwei Mütter" von Cosima Maria Degler. In dem Spielfilm sehnt sich ein glücklich verheiratetes lesbisches Paar nach einem Kind. "Da sind ein paar furchtlose Menschen mit sehr wenig Geld losgezogen und mit reicher Ernte zurückgekehrt", hieß es von den Preisverleihern.
Bester Spielfilm bis 60 Minuten: "Sunny" von Barbara Ott. Ein junger Mann schleppt sein Baby unterm Arm mit sich rum und sucht einen Job, prügelt sich und macht einen Fehler nach dem anderen. "Sehr gut geschrieben, inszeniert, fotografiert und geschnitten", schrieb das Komitee.
Bester Kurz- und Animationsfilm: "Parvaneh" von Talkhon Hamzavi. In einem Schweizer Durchgangsheim lebt Parvaneh, die eher zufällig einem Wohlstandskind begegnet. "Im Gesicht der jungen Darstellerin spiegelt sich das Migrantenschicksal an sich: die millionenfache Erfahrung, allein und ratlos in eine fremde Welt geworfen zu werden", so die Preis-Begründing.
First Steps Ehrenpreis: Rosa von Praunheim. "Seinen Impulsen verdanken viele junge Filmemacher einen Durchbruch, ein Aha-Erlebnis", sagten die Juroren.
Und hier die Preisträger (v.l.n.r.): Talkhon Hamzavi (Kurz- und Animationsfilm "Parvaneh"), Gabriela Betschart und Anna Thommen (Dokumentarfilm "Neuland"), Rosa von Praunheim (Ehrenpreisträger), Cosima Maria Degler (NO FEAR Award "Zwei Mütter"), Barbara Ott (Spielfilm "Sunny"), Jöns Jönsson (Abendfüllender Spielfilm "Lamento") und Tobias Haase (Werbefilm MCP).
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