Es ist eine Tortur für die rund tausend Männer. Mit vereinten Kräften müssen sie einen Felsbrocken mit Seilen durch tiefen Sand schleifen, nur mühsam kommt der auf Baumstämmen gelagerte Stein voran. Die Männer sind fast nackt, tragen nur einen Lendenschurz, ihre Köpfe sind kahl rasiert. Die Anstrengung sieht man ihnen an.
Und genau das ist der Plan. Der Felsbrocken ist zwar nur Filmrequisite, die Baumstämme aber sind echt – und die Mühsal der Statisten. Dabei sind Fritz Lang die tausend schuftenden Männer eigentlich noch zu wenige. Der Regisseur des Films "Metropolis" will den Bau des Turms von Babel als Schwerstarbeit eines Sklavenheeres inszenieren. Dafür hat er 6000 Männer gefordert.
Der Mann mit dem Monokel denkt groß. Mit Stummfilmen wie "Dr. Mabuse, der Spieler" und "Die Nibelungen" ist der 35-jährige Wiener mit deutschem Pass ein Star geworden, der erfolgreichste Filmemacher der Produktionsgesellschaft Ufa.
Jetzt, im Oktober 1925, steht er zwischen den Kulissen eines Stummfilms, dessen Aufwand alles bis dahin Dagewesene lächerlich wirken lässt. Er will Publikum und Kritik mit faszinierender Architektur, spektakulären Tricks und aufregenden Kameraeinstellungen begeistern. Seine Produktionsfirma bringt er damit an den Rand des Ruins – und seine Darsteller an ihre körperlichen und psychischen Grenzen. Egal: "Metropolis" soll das Nonplusultra des deutschen Films werden, nichts weniger erwartet Lang von seinem Werk.
Auch seinem Team verlangt er alles ab – vor allem höchste Kreativität. Denn 6000 Mann, die bereit sind, sich für geringes Geld eine Glatze rasieren zu lassen und sich zu schinden, kann auch die Ufa nicht auftreiben. Die rettende Idee hat Kameramann Karl Freund: Er nimmt den tausendköpfigen Tross der nackten Männer sechsmal hintereinander auf – immer auf einem anderen Abschnitt desselben Negativs. Am Ende ergeben die sechs Teilbilder die von Lang gewünschten 6000 Leute: Im Film wirkt es tatsächlich so, als wären mehrere Tausend Sklaven im Einsatz.