"Iron Man 3" Ein Superheld lässt alle Hüllen fallen

Furiose Stunts, Hightech aus dem Heimwerkermarkt und echte Terrorangst: Unter der Regie von "Lethal Weapon"-Legende Shane Black wird der dritte Film über den Comic-Superhelden Iron Man zum Triumph des modernen Action-Kinos. Robert Downey Jr. brilliert erneut als Blechmann mit Herz.
"Iron Man 3": Ein Superheld lässt alle Hüllen fallen

"Iron Man 3": Ein Superheld lässt alle Hüllen fallen

Foto: Marvel & Subs.

Da bleibt dem Kinobesucher das Popcorn im Halse stecken. Jedenfalls in den USA, nur ein paar Wochen nach dem Anschlag von Boston: Zu Beginn von "Iron Man 3D" ereignet sich im Vorhof des Chinese Theatre am Hollywood Boulevard in Los Angeles - dem vielleicht berühmtesten Kino der Welt und Touristenmagnet erster Güte - eine Explosion, die zahlreiche Unschuldige in den Tod reißt. Die Erinnerungen an Boston dürften noch frisch genug sein, um das Publikum ob der sehr realen Gefahr erschauern zu lassen.

Tatsächlich wirkt der dritte Teil des "Iron Man"-Franchise, der diese Woche auch in deutschen Kinos startet, in der ersten Hälfte grimmiger und realitätsnäher als seine Vorgänger. Doch das ist nur eine der Scharaden, die sich Regisseur und Co-Autor Shane Black für seinen ersten, extrem unterhaltsamen Blockbuster ausgedacht hat. Wo vor allem der zweite und schwächste Teil der Reihe allzu linear und protzig wirkte, punktet Black mit gewitzten Dialogen, Konzentration auf Charaktere und einige überraschende Plot-Twists.

Black, der die Regie von Jon Favreau übernahm, besinnt sich auf die Tugenden, die den ersten Film zu einem Überraschungserfolg bei Publikum und Kritik machten: Verblüffe die Fans mit immer neuen Sensationen und Wendungen - und ansonsten lass' einfach Robert Downey Jr. machen. Der 48-jährige US-Schauspieler, der 2008 in der Rolle des Eisenmanns sein großes Comeback feierte, bleibt der größte Trumpf der Reihe. Nicht umsonst verbringt er die meiste Zeit des Films außerhalb seiner Rüstung, damit sein selbstironischer Playboy-Charme und sein rührender Was-hab-ich-denn-getan?-Hundeblick möglichst oft zur Geltung kommen können.

Zum Kernkraftwerk hochgespritzt

Mit Shane Black verbindet ihn seit der Zusammenarbeit an der köstlichen Agenten-Komödie "Kiss Kiss Bang Bang" eine Freundschaft, und diese innige Beziehung ist in "Iron Man 3" deutlich zu spüren. "Kiss Kiss Bang Bang" war 2005 Blacks Debüt als Regisseur, zuvor hatte er sich einen Namen als Drehbuchautor gemacht und einige der erfolgreichsten Actionfilme der Achtziger und Neunziger, darunter die "Lethal Weapon"-Reihe mit Mel Gibson, geschrieben. Blacks Stärke ist sein Gespür für Dialoge - eine nahezu perfekte Ergänzung für Dampfplauderer Downey Jr., dem es wie bisher keinem anderen Darsteller gelungen ist, einer Comic-Figur auf der Leinwand eigenständigen Charakter und Format zu verleihen.

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"Iron Man 3": Superheld und Heimwerker

Foto: Marvel & Subs.

Der Iron Man Tony Stark befindet sich zu Beginn des dritten Teils in einer existentiellen Krise: Nach den Ereignissen im "Avengers"-Film, in dem er die Welt rettete, als er eine Atombombe in ein Wurmloch am Himmel über Manhattan beförderte und dabei fast sein Leben ließ, wird der genialische Erfinder von Panik-Attacken geplagt. Doch die Terror-Anschläge eines Asia-Bin-Ladens namens "Der Mandarin", der die USA mit Videobotschaften auf den nahenden Untergang vorbereitet, zwingen ihn dazu, erneut die Rolle des Retters zu spielen. Eine besondere Eigenschaft der Explosion vor dem Chinese Theatre führt ihn zwecks Spurensuche ins ländliche Tennessee. Doch seine allmächtige Rüstung, sein schützender Panzer, bleibt auf dem Hinweg auf der Strecke, so dass sich Stark nur mit Hilfe seines Einfallsreichtums, eines smarten kleinen Jungen und Baumarkt-Gerätschaften aus einer Heimwerker-Garage behaupten muss.

Erschwerend kommt hinzu, dass sich auch einige dubiose Gestalten mit Superkräften in Tennessee eingefunden haben, die Starks Ermittlungen vereiteln wollen: Biologisch manipulierte Schergen des Neuro-Wissenschaftlers Aldrich Kilian (angemessen irre: Guy Pearce), der Kriegsveteranen in wandelnde - und sehr instabile - Kernkraftwerke verwandelt hat, die von innen bedrohlich zu glühen anfangen, wenn sie ihre Kräfte mobilisieren. Bald zeigt sich, dass zwischen Kilians Mutanten und dem Mandarin (grandios: Ben Kingsley) eine verschwörerische Verbindung besteht - und das spektakuläre Finale kann beginnen.

Armada der leeren Hüllen

An Action wird, ganz klar, nicht gespart. Es gibt haarsträubende Szenen wie die explosive Demontage des Stark'schen Luxus-Anwesens in Malibu oder eine Sequenz, in der Iron Man im Alleingang eine 13-köpfige Flugzeug-Crew im freien Fall einsammelt, indem er mit den Stürzenden eine "Affenkette" bildet. Und beim Showdown in einer Containerwerft wartet Stark gleich mit einer ganzen ferngesteuerten Armada seiner Iron-Man-Anzüge auf.

Diese leeren Hüllen sind ein schönes Bild, nicht nur weil sie das Verwirrspiel um Identitäten abbilden, das ein Hauptmotiv des Films ist, sondern weil es für Tony Stark genau darum geht: sich von seiner überblasenen Technik, seinen Macht-Insignien und seinen Status-Symbolen zu befreien. Die losen Fäden der ersten beiden Filme werden so schlüssig zu einem vorläufigen Ende verknüpft: Zunächst baut sich Stark eine eiserne Rüstung, um sein Herz vor den Schrapnellsplittern in seiner Brust zu schützen und sich aus der Gefangenschaft zu befreien, im zweiten Teil muss er sich mit Hybris und Vaterkomplex auseinandersetzen - und stirbt beinahe an der Technik, die ihm einst das Leben rettete. Nun folgt die Befreiung aus dem selbstgebauten Techno-Konstrukt, das immer auch ein Versteck vor Urängsten war - und vor der Liebe zu seiner Ex-Assistentin und Vertrauten Pepper Potts (wie immer ein bisschen langweilig: Gwyneth Paltrow).

Er sei eigentlich nur ein Mechaniker, sagt Stark in der Garage zu dem kleinen Jungen. Ein Homo faber, der erkennt, dass er mit Herz und Verstand mehr ausrichten kann, als in seinem Hightech-Kokon. Aus der glitzernden, perfekt wirkenden Maschinenwelt, die das moderne Actionkino mit ihren 3-D-Effekten und Computeranimationen geworden ist, entsteigt am Ende: ein Mensch.

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