Was er nach dem Ende seiner gefeierten Band LCD Soundsystem vorhabe, wird James Murphy gefragt. Ach, antwortet er zurückhaltend, es gäbe verschiedene Dinge, die er gern machen würde. Was denn, hakt der Interviewer nach. Na ja, sagt Murphy, er würde gern Kaffee kochen.
Eindreiviertel Jahre nach dem allerletzten Konzert von LCD Soundsystem, zu dem rund 20.000 Menschen in den New Yorker Madison Square Garden kamen, weiß man genauer, was Murphy seitdem außer Kaffee zu kochen gemacht hat. Er hat diverse DJ-Sets gespielt, einen Song mit den Gorillaz und André 3000 aufgenommen - und bestens gelaunt Promo-Auftritte für den Film absolviert, der rundum das Abschiedskonzert entstanden ist.
"Shut Up and Play the Hits" heißt er, benannt nach einem Zuruf, den Arcade-Fire-Sänger Win Butler während seines Gastauftritts beim Konzert scherzend gemacht hat. Die Hits von LCD Soundsystem sind in jedem Fall dabei: der Party-Abgesang "All My Friends", das ergreifende Abschiedslied "Someone Great" und natürlich auch "Losing My Edge", der solitäre Track, der 2001 vom Anfang des Bandprojekts LCD Soundsystem kündete.
Ans "Shut Up" halten sich Murphy und die Filmemacher Will Lovelace und Dylan Southern dagegen nicht. Neben einigen sehr intimen Aufnahmen vom day after des Konzerts nimmt vor allem ein Interview des Rock-Journalisten Chuck Klosterman mit Murphy, das er eine Woche vor dem Abschiedskonzert speziell für den Film führt, viel Raum ein. Die Fragen sind umständlich und wenig präzise, und auch Murphys Antworten geben nur stellenweise Aufschluss darüber, warum er die Band nach drei epochalen Alben auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs auflöst. Am aufschlussreichsten ist da noch seine Andeutung, er drücke sich womöglich vor der Verantwortung, die wirklicher Weltruhm mit sich brächte. Eine Nachfrage, was er damit genau meine, kommt leider nicht - oder zumindest ist sie im Film nicht enthalten.
Solche Lücken sind umso bedauerlicher, als ansonsten keine weiteren Interviews geführt wurden, nicht einmal mit so zentralen Bandmitgliedern wie Nancy Whang oder mit Murphys langjährigem Mitstreiter Tim Goldsworthy, mit dem er zusammen das stilprägende DFA-Label gegründet hat und zu dessen größten Stars sich LCD Soundsystem schließlich entwickeln sollten. So bleiben einige der Widersprüchlichkeiten von Murphy - warum er zum Beispiel das Projekt eine Band nennt, wenn er sie doch im Alleingang auflösen kann - unhinterfragt.
Dafür sind die Live-Aufnahmen vom Konzert, die den weitaus größten Teil des 108 Minuten langen Films ausmachen, spektakulär. Elf Kameramänner, darunter Stars wie Spike Jonze und Yorick Le Saux, haben bei dem fast vierstündigen Konzert Band und Fans gefilmt. Besonders eine Kamerafahrt, die vom begeisterten Publikum zur riesigen Discokugel und zurück geht, fällt dabei betörend schön aus. Für die, die mit der Musik von LCD Soundsystem und Murphys Rolle in der Dance-Szene kaum vertraut sind, wird das wahrscheinlich zu wenig sein. Für Fans hingegen bietet der Film die schöne Möglichkeit, den langen Abschied von der Band noch ein bisschen mehr hinauszuzögern. Und wenn James Murphy sich während "Somenone Great" auf der Bühne die Augen abtupfen muss, fließen vielleicht auch im Zuschauerraum ein, zwei Tränen.