
Claude Chabrol: Rebell, Auteur, Visionär
Nouvelle-Vague-Mitbegründer Filmlegende Claude Chabrol ist tot
Paris - Claude Chabrol faszinierte die Doppeldeutigkeit, das Abgründige, die Bigotterie. In seinen Filmen setzt er sich oft kritisch mit dem französischen Bürgertum auseinander. Die schönen Oberflächen seines Kinos sind oft nur Tarnung für eine grässliche, im Innersten verrottete Gesellschaft.
Durch seinen Tod verliert die Welt eine wichtige gesellschaftskritische Stimme. Nach Angaben der Pariser Stadtverwaltung ist Claude Chabrol im Alter von 80 Jahren gestorben. Zur genauen Todesursache wurde zunächst nichts bekannt.
Ein Sprecher von Bürgermeister Bertrand Delanoë würdigte Chabrol als einen der großen Cineasten Frankreichs, bekannt für seine Freiheitsliebe und seine Unerschrockenheit. "Danke, Claude Chabrol, wir danken dir für dein Kino."
In der Branche galt Chabrol als Workaholic. Er arbeitete bis ins hohe Alter - als Regisseur, Drehbuchautor, Filmproduzent und Schauspieler. In mehr als 60 Kinofilmen führte er Regie - sein Oeuvre übertrifft das seiner Vorbilder Fritz Lang und Alfred Hitchcock deutlich.
Zu Chabrols Klassikern gehören "Eine untreue Frau" (1968), "Das Biest muss sterben" (1969) und "Der Schlachter" (1969). Sein letzter Film, "Kommissar Bellamy", war 2009 auf der Berlinale zu sehen - Chabrol wurde seinerzeit für sein Lebenswerk ausgezeichnet.
Miterfinder der Nouvelle Vague
Dabei waren ihm Filmfeste eigentlich zuwider. Ihre Preise waren für ihn Pretiosen der Eitelkeiten. Festivals verglich er mit Tombolas, die nicht viel mit der Qualität der Filme zu tun haben, die sie zeigen und prämieren. Cannes? Medialer Zirkus.
In den fünfziger Jahren prägte Chabrol zusammen mit François Truffaut, Jacques Rivette und Jean-Luc Godard einen neuen Stil. Eine Bewegung gegen das Kino-Establishment. Die Nouvelle Vague. Der Autorenfilm entstand, dessen Markenzeichen der unverkennbare, individuelle Stil des jeweiligen Regisseurs ist.
Chabrol wurde am 24. Juni 1930 in Paris als Sohn eines Apothekers geboren. Er begann das Studium der Pharmazie und Literatur nur seinem Vater zuliebe. Zum Film kam er nicht wie viele seiner Zeitgenossen als Regieassistent, sondern als Kritiker der Fachzeitschrift "Cahiers du cinéma".
Karrieredenken hielt der Regisseur nach eigenen Angaben für einen Kreativitäts-Killer. "Triumphe sind der Tod eines Filmemachers", sagte der Meister an seinem 80. Geburtstag. "Ich bin nicht sicher, ob heute wirklich versucht wird, Filme zu machen."