"Ocean's Eleven"-Regisseur Soderbergh "Die Oscars sind außer Kontrolle!"
Für "Traffic" bekam er selbst einen Goldjungen, jetzt betrachtet Regisseur Steven Soderbergh das Oscar-Spektakel aber als verschwendete Lebenszeit. Im Interview lästert er über öde Dinnerpartys - und schwärmt von Gina Carano, der Männer verprügelnden Heldin seines neuen Films "Haywire".
SPIEGEL ONLINE: Am Sonntag werden die Academy Awards verliehen - der Höhepunkt des Filmjahres. Wie sehen Sie das Spektakel, nachdem Sie selbst mit dem Oscar für "Traffic" ausgezeichnet wurden?
Soderbergh: Heute ist die Oscar-Verleihung noch unerfreulicher als früher. "Traffic" und "Erin Brockovich" wurden 2001 nominiert. Seitdem ist die Preisverleihung außer Kontrolle geraten: Vor dem Oscar gibt es zig dazugehörige Events, zu denen man muss. Was bin ich froh, dass seitdem keiner meiner Filme nominiert worden ist - wirklich! Niemand amüsiert sich dort. Ich habe sehr gute Freunde, die fast jedes Jahr dieser Situation ausgesetzt sind und es furchtbar finden. Diese Stunden, die man dort verschwendet - gestohlene Lebenszeit! Außerdem fühlt man sich schäbig, weil man andere davon überzeugen soll, einem ihre Stimme zu geben.
SPIEGEL ONLINE: Viele Kollegen schätzen den Oscar besonders, weil er von Leuten aus der Filmbranche vergeben wird.
Soderbergh: Früher diente diese Verleihung dazu, Interesse an Filmen zu wecken. Diesen Ursprung als Werbeveranstaltung sollte man nicht vergessen. Natürlich träumt jeder, der Filme zu seinem Lebensinhalt macht, davon, irgendwann mal auf der Bühne dort oben zu stehen. Ich tat das auch. Aber nach dieser Erfahrung gibt es für mich keinen Anreiz, die Trophäe noch mal gewinnen zu wollen! Es war echt nett damals, ich habe auf der Bühne alles gesagt, was ich zu sagen hatte - aber jetzt soll ein anderer ihn bekommen!
SPIEGEL ONLINE: Davon abgesehen, dass Sie gar nicht nominiert sind: Wollen Sie wirklich keinen weiteren Oscar?
SPIEGEL ONLINE: Was finden Sie selbst denn spaßig?
Soderbergh: Ich liebe es, Filme zu machen. Tüfteln, Planen, Ausführen. Wenn der Film fertig ist, ist er für mich auch durch. Wie das Publikum dann darauf reagiert, liegt nicht in meiner Hand.
SPIEGEL ONLINE: Ein sicheres Gespür dafür, was beim Publikum ankommt und was nicht, haben Sie auch nach über 20 Jahren im Regiegeschäft nicht entwickelt?
Soderbergh: Ehrlich gesagt, ist es auch für mich ein völliges Mysterium, was Menschen dazu veranlasst, sich für einen bestimmten Film zu entscheiden. Es heißt ja auch, je mehr Interviews man gibt, desto besser kommt der Film an - dabei gibt es für diese Theorie null Beweise. Da wird man durch unendlich viele 15-Minuten-Slots geschleust, die mich wahnsinnig machen, weil man nichts in Ruhe erklären kann. In den USA haben wir zu "Haywire" tonnenweise Interviews gegeben - das hat dem Film dort trotzdem nicht geholfen. Also fällen die Leute ihre Entscheidung wohl anhand anderer Kriterien.
- 1. Teil: "Die Oscars sind außer Kontrolle!"
- 2. Teil: "Gina ist sexy - aber kein Objekt"