"Ocean's Thirteen" Nummern-Revue mit Brad und George

Man sieht George Clooney und Brad Pitt gern bei der Arbeit zu, aber reicht das für einen guten Film? Ausgerechnet Independent-Held Steven Soderbergh reanimiert mit "Ocean's Thirteen" eine alte Hollywood-Untugend: Ins Kino geht man wegen der Stars, nicht wegen der Story.

Drei ist die magische Nummer in diesem Kino-Sommer, mit einer Ausnahme: Bruce Willis stirbt als John McClane in "Die Hard 4.0" bereits zum vierten, hoffentlich letzten Mal langsam. Ansonsten regiert die Drei: "Spider-Man 3", "Shrek 3", "Fluch der Karibik 3" - gemessen an den rekordverdächtigen Umsatzzahlen dieser Sequels möchte man fast die alte Floskel von den guten Dingen bemühen, derer es immer drei geben muss - zumindest aus wirtschaftlicher Sicht.

Coole Kerle: Matt Damon, George Clooney, Brad Pitt in "Ocean's Thirteen"

Coole Kerle: Matt Damon, George Clooney, Brad Pitt in "Ocean's Thirteen"

Foto: WARNER BROS.

Hollywoods neuester Trick, beim Zuschauer angesichts der Zahlenhuberei keine Langeweile aufkommen zu lassen, ist die Tarnung der Sequels durch pfiffige Titelkreationen. So heißt Matt Damons dritter Einsatz als abtrünniger Agent Jason Bourne nicht "Bourne Identität 3", sondern "The Bourne Ultimatum", die "Pirates of the Caribbean" segeln unter der Flagge "At World's End" - und Steven Soderberghs dritte Rat-Pack-Reminiszenz, die morgen in den deutschen Kinos anläuft, firmiert nicht als "Ocean's Eleven 3", sondern als "Ocean's Thirteen".

Mit der Dreizehn, um beim Zahlenspiel zu bleiben, ist es ja auch wieder so eine Sache: Den einen wird schon bang, wenn sie nur an die Unglückszahl denken; Hotels, die etwas auf sich halten, lassen die Zimmernummer gleich weg, und bei Gottesfürchtigen ist "Der Dreizehnte" gar ein Synonym für Satan persönlich.

Andere wiederum, Italiener zum Beispiel, halten die manchmal auch als "wild" titulierte Zahl für einen Glücksbringer par excellence und freuen sich wie Bolle auf jeden Freitag den 13.. Für "Ocean's Thirteen", der so heißt, weil es bei der heiteren Casino-Gaunerei inzwischen 13 Protagonisten gibt, gilt eher das Unglücks-Szenario, auch wenn man es auf den ersten Blick nicht sieht.

Produzent Jerry Weintraub war es, der das logistische Glanzstück vollbrachte, die hochkarätigen Akteure ein drittes Mal zusammen vor die Kamera zu bringen: Allein die vielbeschäftigten Topstars Brad Pitt, George Clooney und Matt Damon zu koordinieren, muss allerhand Nerven gekostet haben. Dazu gesellte sich der Rest der Ocean-Bande: Don Cheadle, Elliott Gould, Casey Affleck, Scott Caan, Bernie Mac, Carl Reiner, Eddie Jemison und Shaobo Qin als Verrenkungskünstler Yen.

Für Weintraub ging es um alles oder nichts, denn Steven Soderbergh hatte frühzeitig signalisiert, dass er nur unter einer Bedingung noch eine weitere Ocean's-Episode drehen würde: Alle mussten mitmachen. Andy Garcia, der Böswicht aus den beiden ersten Teilen, heuerte erneut an, und weil Julia Roberts ausfiel, holte Weintraub Ellen Barkin ins Boot, die zum ersten Mal seit dem Erotik-Thriller "Sea of Love" wieder auf Al Pacino trifft, der in "Ocean's Thirteen" den Schurken gibt.

Kosmetik statt Coolness

Und hier fangen die Probleme des Films schon an: Pacino, mit Höhensonnenbräune und Fönwelle auf Casino-Besitzer getrimmt, spielt den Hotel-Hai Willie Bank, der seinen Geschäftspartner Reuben Tishkoff übers Ohr haut und sich den gemeinsam finanzierten Prestige-Wolkenkratzer in Las Vegas alleine unter den Nagel reißt. Tishkoff (Elliott Gould) ist entsetzt: Beide Vegas-Veteranen gehörten doch zum erlauchten Kreis derjenigen, die "Sinatras Hand geschüttelt haben", da bootet man sich nicht gegenseitig aus. "Scheiß' auf Sinatras Hand", entgegnet Pacino kaltherzig - und hat von da an Tishkoffs Kumpel Danny Ocean (Clooney) und seine Jungs an der Hacke.

Das hätte ein gelungener Auftakt werden können, wenn es dem eitlen Al Pacino gelungen wäre, seinem Charakter unter der Theaterschminke etwas authentisch Schurkisches zu verleihen. Eine Regel des Genrekinos lautet nun einmal, dass der Böse möglichst böse sein muss, damit die Helden umso heller strahlen. Pacinos Willy Banks bleibt zu jeder Zeit ein blasser Clown.

Doch die Maschinerie der Ocean's-Reihe walzt über solche dramaturgischen Feinheiten einfach hinweg: Mit gewohnter Lässigkeit, vielen lustigen Verkleidungen, ausgeklügelten Tricks, technischen Gimmicks und jeder Menge geistreicher Sprüche machen sich die Robin Hoods des Automatendschungels daran, dem bösen Banks das Geschäft zu verderben. Das läuft im Prinzip genauso ab wie in "Ocean's Eleven", nur dass die Hilfsmittel gigantomanischer sind. Unter anderem kommen gleich zwei riesenhafte Tunnelbohrer zum Einsatz, die ein schwaches Erdbeben auslösen sollen, um das futuristische High-Tech-Sicherheitssystem des (computergenerierten) Bank-Hotels außer Gefecht zu setzen.

Vielleicht sollen Mätzchen wie diese darüber hinwegtäuschen, dass das Konzept der Filme längst ausgespielt hat. Paradox an "Ocean's Thirteen" ist, dass zwar vordergründig große Dinge wie Freundschaft, Aufrichtigkeit und die Ehre des kleinen Mannes verhandelt werden, letztlich aber keinerlei Spannung aufkommt: Man weiß ja, wer am Ende den Kürzeren zieht.

Das war im ersten Teil der Reihe noch anders, als es beim frisch aus dem Knast entlassenen Spieler Danny Ocean noch um alles oder nichts ging: Der Überfall auf das Casino symbolisierte vor allem den Sieg über den verhassten Nebenbuhler im Kampf um die Gunst der schönen Julia Roberts, der damals wie heute schön arrogant von Andy Garcia gespielt wird. Im dritten Teil ist das Tricksen und Täuschen endgültig zur Pose geronnen und die Liebe muss - in einer Szene mit Matt Damon und Ellen Barkin - mühsam mittels Aphrodisiakum erzeugt werden.

Eitelkeit auf Sitcom-Niveau

Vor allem Clooney und Pitt machen keinen Hehl daraus, dass die Grenzen zwischen Leinwand-Charakteren und realen Personen in einem Konstrukt wie "Ocean's Thirteen" immer mehr verwischen. Wie einst ihre Vorbilder Sinatra und Dean Martin nutzen sie den Film schamlos zur Selbstdarstellung und degradieren ihn dadurch zur Nummernrevue.

Das gipfelt in einer natürlich rasend komischen Episode, in der sich Danny Ocean Oprah Winfreys Talkshow anschaut und angesichts einer rührenden Spendenaktion für ein obdachloses Kind zu Tränen gerührt wird. Dann kommt Rusty Ryan (Pitt) dazu, will eigentlich einen Spruch reißen über den gefühligen Kumpel, bleibt aber ebenfalls gebannt vor dem Fernseher hängen und fängt auch bald an zu flennen. Abgesehen davon, dass das Rächer-der-Enterbten-Motiv des Films damit selbstironisch aufgespießt wird, hat das nichts mehr mit der Handlung des Films zu tun. Den nächsten Teil der Reihe bräuchte man nicht mehr im Kino zu zeigen, er könnte - als endlose Gag-Abfolge mit Zuschauerapplaus aus dem Off - ebenso gut als halbstündige Sitcom im Fernsehen funktionieren.

Warum "Ocean's Thirteen" trotzdem kein Misserfolg werden wird? Weil man den coolen Jungs mit ihren schicken Retro-Klamotten und lässigen Sonnenbrillen einfach gerne bei der Arbeit zusieht und die Kamera so schön an den Glitzerfassaden der Casinos entlanggleitet. Ins Kino geht man wegen der Stars, nicht wegen der Story: Ausgerechnet Steven Soderbergh, eine Schlüsselfigur des amerikanischen Independent-Kinos, reanimiert so eine der größten Hollywood-Untugenden.

Dem alten Hollywood wurde so viel glitzernde Oberfläche Ende der sechziger Jahre zum Verhängnis: Es übernahmen die jungen Wilden um Dennis Hopper, Francis Ford Coppola und Martin Scorsese, die einen neuen Realismus forcierten. Vielleicht schlägt's ja bald wieder Dreizehn.

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