Academy Awards 2013 Triumph für Waltz, Schlappe für Spielberg

Academy Awards 2013: Triumph für Waltz, Schlappe für Spielberg
Foto: John Shearer/ John Shearer/Invision/APWer sind die Gewinner der Nacht?
Die Österreicher als Team: Michael Haneke mit "Amour" ("Liebe") sowie Christoph Waltz, der seinen zweiten Nebendarsteller-Oscar holte - für seinen Auftritt als Kopfgeldjäger Dr. King Schultz in Quentin Tarantinos "Django Unchained". Ang Lee und sein "Life of Pi" mit insgesamt vier Oscars. Daniel Day-Lewis, der seinen dritten Oscar als bester Hauptdarsteller einsammelte - ein Rekord. Aber: Den großen Abräumer gab's dieses Jahr nicht. Auch der zum besten Film gekürte "Argo" war es nicht - trotz der insgesamt drei Oscars für den Geiselbefreiuungsthriller von Ben Affleck.
Wer sind die Verlierer der Nacht?
Keine Frage: Steven Spielberg mit "Lincoln" - schlappe zwei Oscars, obwohl das Präsidenten-Porträt mit zwölf Nominierungen in diese Oscar-Nacht gestartet war - mehr als jeder andere Film. Regie-Neuling Benh Zeitlin wurde für sein starkes Debüt, das Hurricane-Katrina-Drama "Beasts of the Southern Wild", kein einziges Mal bedacht. Und Kathryn Bigelow zählt sicherlich auch zu den Verlierern des Oscar-Jahrgangs 2013. "Zero Dark Thirty", ihr CIA-Thriller über die Jagd auf Osama Bin Laden, wurde allerdings schon bei der Vorauswahl übergangen - die Regisseurin wurde, entgegen der Erwartungen vieler Kritiker, nicht einmal selbst nominiert.
War etwas besonders erfreulich?
Ja! Der Drehbuch-Oscar für Quentin Tarantino. Das gleicht zumindest ein bisschen die Enttäuschung darüber aus, dass er nicht als bester Regisseur nominiert wurde, obwohl "Django Unchained" mit der Sklaverei ein sehr heikles, sehr politisches Thema verarbeitet - und Christoph Waltz sich unter Tarantinos Regie nun schon zum zweiten Mal einen Oscar erspielte. Wenn die Academy sich nicht traut, eine grelle Pulp-Oper wie "Django Unchained" als besten Film oder für die beste Regie in Betracht zu ziehen, so würdigte sie zumindest seine phantasievolle, beinahe romanhafte Schreibkunst.

Oscar-Sieger 2013: Gewonnen!
War etwas besonders ärgerlich?
Auch das. In inhaltlicher Hinsicht scheuten die Academy-Mitglieder eine politisch kontroverse Entscheidung, indem sie "Zero Dark Thirty" eigentlich nur für die Trostpreise nominierten. Der Grund: die heftig geführte Folterdebatte, die der Film provozierte und deretwegen die Oscar-Juroren offenbar kalte Füße bekamen. Warum aber durfte dann Michelle Obama in der Gala auftreten? Zugeschaltet aus dem Weißen Haus? Sich mit dem Glamour der First Lady schmücken und sich so ein bisschen Pseudo-Politik direkt in die Oscar-Nacht holen, aber bei der eigentlichen Jury-Entscheidung kneifen - eine schwache Sache.
Stimmt die Gesamtverteilung der Goldies?
Wurde das Wort "salomonisch" also doch für die Oscar-Verleihung erfunden, wir haben's gewusst! Anders gesagt: Ja, insgesamt schon. Sehr, sehr diplomatisch und umsichtig gewählt haben sie, die Juroren der Academy of Motion Picture Arts and Sciences. Nur zu Großmeister Spielberg waren sie dieses Mal nicht nett.
Was bedeutet diese Verleihung?
Erstens: Große, klare, starke Sieger à la "Titanic" gab es wieder nicht. Stattdessen herrscht bei den Oscars nun schon seit längerem das Prinzip Gießkanne. Zweitens: Seth MacFarlane war bei seinem Oscar-Debüt ein guter, scharfzüngiger Gastgeber - besser als es viele befürchtet hatten. Die Musical-Nummern zwischendurch ermüdeten zwar eher als dass sie die Show aufgelockert hätten. Dennoch: Das Engagement des "Family Guy"-Schöpfers erwies sich als Schritt in die Zukunft. Erinnert sich noch jemand an das Jahr 2011? An das zwischen Biederkeit und Überforderung schwankende Duo Ann Hathaway und James Franco? Ein mittleres Desaster. Deswegen musste ja im Folgejahr Oscar-Veteran Billy Crystal ran; ein großartiger Entertainer, keine Frage - aber eine strukturkonservative Wahl.

Sie haben Gold gewonnen: Die Oscarfilme 2013
Welche Oscar-Filme sollte ich denn wirklich gesehen haben?
Ganz sicher sollten Sie "Zero Dark Thirty" sehen, Kathryn Bigelows Thriller über die Jagd auf Osama Bin Laden, erzählt aus der Perspektive einer CIA-Agentin, die von der großartigen Jessica Chastain gespielt wird. Der politisch kontroverseste Film des Oscar-Jahrgangs. Außerdem: "Django Unchained", Quentin Tarantinos nicht minder kontroverse Abrechnung mit der Sklaverei in den USA. Schon allein der zu recht Oscar-prämierte Auftritt von Christoph Waltz als Dr. Schultz aus Düsseldorf ist das Eintrittsgeld wert. Und sonst? "Merida - Legende der Highlands" ist ein wirklich ziemlich bezaubernder Animationsfilm mit einer sehr selbstbewussten jungen Dame als Hauptfigur. Und wer die wirklich berührende Dokumentation "Searching For Sugar Man" über den zu Unrecht und recht unglückselig in Vergessenheit geratenen Folk-Sänger Rodriguez noch nicht gesehen hat, sollte das schleunigst nachholen!
Und welche vielleicht eher nicht?
Sicher, das ist alles Geschmackssache, aber: "Les Misérables" muss nicht sein. Und auch "Silver Linings" ist zwar eine sehr gute Ensemble-Leistung, zu Recht waren alle vier Haupt- und Nebendarsteller nominiert, ein richtig gelungener Film ist das zur reinen Romanze mutierende Psychodrama allerdings nicht.