
"Oscar"-Gewinner "Nokan": Der Favoritenschreck
"Oscar"-Gewinner "Nokan" Aus dem Doppelleben eines Leichenwäschers
Es war schwierig, Geld für diese Filmidee zu bekommen; mehrere Produzenten winkten ab. Und es war noch schwieriger, den fertigen Film in die japanischen Kinos zu bringen; mehrere Verleiher erteilten dem Team eine Abfuhr, die Suche dauerte 13 Monate.
Spätestens im Frühjahr dieses Jahres werden sich also einige japanische Produzenten und Verleiher furchtbar geärgert haben: Da nämlich gewann "Nokan", das Melodram, das sie so verschmäht hatten, den Oscar für den besten fremdsprachigen Film. Welch ein Triumph für Regisseur und Darsteller!
Aber wie kann es sein, dass dieses Potential so verkannt wurde? Nun, das Thema des Films, das kann man nicht anders sagen, schreckt ab: Es ist eine Kombination aus Wirtschaftskrise und Tod; ein Publikumsknaller entsteht daraus normalerweise kaum.
Reisen ins Jenseits
Ein Orchester in geht pleite, und der junge Cellist Daigo Kobayashi (Masahiro Motoki) verliert seinen Job. Er muss mit seiner Frau Mika (Ryoko Hirosue) aus der Metropole zurück in den Norden Japans ziehen, in seine provinzielle Heimatstadt. Dort stößt er auf die Stellenanzeige eines auf "Reisen" spezialisierten Unternehmens. Was sich dahinter wohl verbirgt? Na was wohl, denkt Daigo, natürlich ein Reisebüro.
Er bewirbt sich, geht zum Vorstellungsgespräch, wundert sich über den exzentrischen Chef Ikuei Sasaki (Tsutomu Yamazaki) - und bekommt die Stelle angeboten, bevor er überhaupt richtig verstanden hat, worum es geht: Er soll Verstorbene nach altem Ritual waschen, schminken und ankleiden, also auf die "Letzte Reise" vorbereiten. Was ihm widerstrebt, denn die Japaner schauen herab auf die Leichenwäscher und Einbalsamierer. Aber der junge Mann braucht das Geld.
Job oder Liebe
Fragen seiner Frau weicht Daigo fortan aus; sie soll nichts wissen von seinem vermeintlich schmutzigen Job. Und so führt er ein Doppelleben, bis sie ihn eines Tages in einem Werbefilm des Bestattungsunternehmens erkennt und vor eine Entscheidung stellt: Job oder Liebe.
"Nokan - Die Kunst des Ausklangs" ist ein kleiner, ein leiser Film, einfach und still erzählt, eine Kinoperle. Regisseur Yojiro Takita gelingt es, das Thema Tod sensibel und dennoch lebensfroh zu erzählen, mit amüsanten und auch schwarzhumorigen Einfällen. Auf grelle Effekte verzichtet er, und so dominieren die feinfühligen Aufnahmen der Bestattungszeremonien, die vor den Augen der versammelten Angehörigen vonstatten gehen.
Regisseur Takita nimmt sich viel Zeit, sein Thema zu entfalten. Vielleicht zu viel. Denn der 130-Minuten-Film hat Längen: Manche Szene gerät zu sentimental, beinahe kitschig. Die Reise zieht sich. Das ist bei "Waltz With Bashir" und "Die Klasse" anders. Egal: Gesehen haben sollte man sie alle drei.
Nokan - Die Kunst des Ausklangs": Deutscher Kinostart am 26. November