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Zum Tode Peter Kerns: "Sinnlichkeit und Humor"

Foto: Michael Kappeler/ picture alliance / dpa

Schauspieler und Autorenfilmer Peter Kern ist tot

Er spielte für Fassbinder, Wenders und Schlingensief, aber auch den Räuber Hotzenplotz. Als Regisseur drehte er für wenig Geld über große Themen. Nun ist die österreichische Kinopersönlichkeit Peter Kern im Alter von 66 Jahren gestorben.

Wer Peter Kern einmal auf der Leinwand oder auf dem Bildschirm sah, dem wird er im Gedächtnis geblieben sein: Dieses rundliche Gesicht mit dem Lockenkopf und der Brille, das Kindern in den Siebzigerjahren schon im "feuerroten Spielmobil" oder einer "Räuber Hotzenplotz"-Verfilmung auffallen konnte.

Doch vor allem nutzte Deutschlands große Autorenfilmer-Generation jener Zeit Kerns Präsenz für sich: Er spielte in Filmen von Rainer Werner Fassbinder ("Faustrecht der Freiheit" und "Despair"), in Hans-Jürgen Syberbergs "Hitler"-Film, in Literaturverfilmungen von Hans W. Geissendörfer ("Die Wildente"), Peter Zadek ("Die wilden Fünfziger") und Werner Schroeter ("Malina"). Für seine Rolle als Dichter Bernhard Landau in Wim Wenders' "Falsche Bewegung" wurde er mit dem Bundesfilmpreis ausgezeichnet.

Geboren wurde Peter Kern 1949 in Wien, wo er bei den Sängerknaben erste Bühnenerfahrungen machte. Als Theaterschauspieler hatte er Engagements in seiner Heimatstadt, kam dann an große deutsche Bühnen. Seit 1970 wurde er zu einem Gesicht des neuen deutschen Films.

Seine zweite Karriere als Filmemacher bereitete Peter Kern zunächst als Produzent für Werke von Vertrauten aus dem Fassbinder-Umfeld wie Peer Raben und Kurt Raab vor; 1987 kam dann seine erste eigene Regiearbeit: "Eine Handvoll Vergnügen - Crazy Boys". Immer wieder machte er, damals noch ziemlich unüblich, seine Homosexualität zum Thema.

"Fetter Film" als autobiografischer Essay

In seinen Filmen widmete er sich immer wieder Außenseitern der Gesellschaft, ob in dem Spielfilm "Gossenkind" oder dem Doku-Drama "Domenica" über die Hamburger Prostituierte. Einen Geistesverwandten fand Kern in Christoph Schlingensief, er spielte in dessen Filmen "Terror 2000" und "United Trash" mit, war beteiligt an dessen "Hamlet"-Spektakel als Neonazi-Aussteigerprojekt.

Diese immer wieder offensiv vertretene politische Haltung brachte Peter Kern 2002 mit der Polit-Komödie "Haider lebt" auf den Punkt, die ihm in Österreich noch mehr als sowieso schon die Feindschaft des FPÖ-Milieus einbrachte. Der Wiener Kultur-Stadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) nannte ihn  einen "Citoyen, der sich regelmäßig und unüberhörbar bei kulturpolitischen und gesellschaftlichen Diskussionen zu Wort meldete."

In Wien lebte Peter Kern seit 2001 in einer Gemeindebauwohnung in der Großfeldsiedlung, die ihm seine Eltern vermacht hatten. "Vorübergehend, wie ich damals dachte", schrieb Kern 2009 in einem Essay . Er drehte in schneller Frequenz, mit überschaubaren Budgets und trotz angegriffener Gesundheit Autorenfilme wie "Blutsfreundschaft" (mit Helmut Berger) und "Der letzte Sommer der Reichen". 2012 bekam er für sein Lebenswerk den Hofer Filmpreis.

Ein Lebensthema war für Peter Kern die eigene Leibesfülle. Mit dem Untertitel "Von der Misere des Massigen" veröffentlichte er 1992 eine autobiografische Selbstbespiegelung namens "Ein fetter Film". Schon 1975 widmete ihm der Schriftsteller Wolf Wondratschek ein Gedicht, veröffentlicht als SPIEGEL-Leserbrief, mit den Zeilen "Mein Bauch ist meine Oberweite./Die Völlerei ist meine Leidenschaft."

Bei der Uraufführung seines Films "Der letzte Sommer der Reichen" bei der Berlinale 2015 zeigte sich Kern nach längerem Krankenhaus-Aufenthalt deutlich abgemagert. Nun meldete die "Süddeutsche Zeitung"  unter Bezug auf nächste Freunde den Tod des Filmemachers. Er wurde 66 Jahre alt. "Mit Kern verlässt einer der ganz Großen die Bühne des österreichischen Filmes", verabschiedete ihn  der österreichische Kulturminister Josef Ostermayer.

feb
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