Regisseur und Schauspieler Helmut Griem ist tot

Ob Film, Fernsehen, Musical oder klassische Theaterrollen: Der Schauspieler und Regisseur Helmut Griem gehörte zu den wenigen deutschen Künstlern, die auch international erfolgreich waren. Jetzt starb der gebürtige Hamburger im Alter von 72 Jahren in München.

Spätestens mit der Rolle des Nazi-Offiziers Aschenbach in Luchino Viscontis Film "Die Verdammten" etablierte sich Helmut Griem 1969 als außergewöhnlicher Schauspieler mit Star-Qualitäten: Das ausdrucksvolle, melancholische Gesicht und der zurückhaltende, eher suchende Gestus in der Sprache, packten das Publikum bei Visconti ebenso wie in Bob Fosses Film "Cabaret" (1972), wo Griem an der Seite von Liza Minnelli spielte. Beide Filme wurden Klassiker: Helmut Griem dosierte fein und gezielt, und niemand hätte wie er den Böllschen Anti-Helden Hans Schnier in der Verfilmung der "Ansichten eines Clowns" (1976, Regie: Vojtéch Jasny) so akkurat treffend und uneitel realisieren können. Stets spürte er dem Charakter der Figur behutsam nach und interessierte sich für Widersprüche und Schattierungen seiner Rollen.

Helmut Griem wurde am 6. April 1932 in Hamburg als Sohn eines Funkoffiziers zur See geboren und wollte ursprünglich Journalist werden. Er studierte zunächst Literaturwissenschaft und Philosophie, spielte dann Kabarett ("Die Hamburger Buchfinken"), was seine Liebe zur Bühne stärkte. 1956 debütierte in Lübeck in einer Rolle in Richard Nashs "Regenmacher". Der bekannte Theaterregisseur Oscar Fritz Schuh war schnell auf Helmut Griem aufmerksam geworden und holte ihn Ende der fünfziger Jahre nach Köln. Nach erfolgreichen Engagements in Hamburg und Berlin wurde er Mitte der siebziger Jahre ständiger Gast an den Münchner Kammerspielen und unter Dieter Dorns Intendanz 1983 Ensemble-Mitglied. Er spielte die großen Rollen von Lessing, Kleist, Goethe, aber auch den frustrierten Intellektuellen in "Wer hat Angst vor Virginia Woolf" oder den Professor Higgins in "My Fair Lady".

Seine größte Publikumsresonanz erzielte Griem jedoch in Film und Fernsehen. Schon 1968 überzeugte er in der Maupassant-Verfilmung "Bel-Ami" von Helmut Käutner. Hans W. Geissendörfer engagierte ihn für seinen Psychokrimi "Die gläserne Zelle" (1978, nach Patricia Highsmith), Claude Chabrol wollte ihn für seine Goethe-Verfilmung der "Wahlverwandtschaften" haben. Neben Romy Schneider und Michel Piccoli spielte er 1982 im Nazi-Melodram "Die Spaziergängerin von Sanssouci" von Jacques Rouffio. Insgesamt wirkte Griem in 30 deutschen und internationalen Produktionen mit. 1987/88 gelang ihm mit Dieter Dorns Münchener "Faust"-Inszenierung ein Brückenschlag zwischen Bühne und Leinwand, denn die Produktion kam nach dem Theatererfolg auch als Film in die Kinos. Zu Helmut Griems erfolgreichsten TV-Produktionen zählten "Der Leutnant und sein Richter" (1983) und der mehrteilige Historienfilm "Peter der Große" (1986).

Seit Ende der achtziger Jahre nahm die Regiearbeit für Helmut Griem einen immer größeren Stellenwert ein. Joe Ortons "Seid nett zu Mr. Sloane" wurde 1989 unter seiner Leitung in München zu einem Renner, später inszenierte er John M. Synge ("Held der westlichen Welt"), Eugene O'Neill ("Eines langen Tages Reise in die Nacht") und in Wien 1992 "Der Tod und das Mädchen" von Ariel Dorfman und 1997 Arthur Millers "Tod eines Handlungsreisenden". Griems Arbeit wurde häufig mit Preisen ausgezeichnet, neben dem Berliner Kunstpreis und zwei "Bambis" erhielt der Künstler auch das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.

"Helmut Griem war einer von uns", sagte Staatsschauspiel Intendant Dieter Dorn am Freitag. "Als Schauspieler und Freund war er uns seit Jahrzehnten Partner, Weggefährte und Herausforderer." Die geplante Arbeit an dem Botho-Strauß-Stück "Die eine und die andere" konnte er nicht mehr aufnehmen. Helmut Griem starb nach kurzer schwerer Krankheit am 19. November in einem Münchner Krankenhaus.

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