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Erster "Shaun das Schaf"-Film Voll Schaf

In seinem ersten Kinofilm landet Shaun, das cleverste Schaf der Welt, im Tierheim und im Gourmet-Restaurant. SPIEGEL ONLINE war bei den Dreharbeiten dabei und hat sich erklären lassen, was das Tier mit Bart Simpson gemeinsam hat.

Was passiert, wenn sich ein englischer Bauer in die Großstadt verirrt? Klar, er erleidet einen Gedächtnisverlust und wird Promi-Friseur. Seine Schafe, unfähig, auf dem Bauernhof allein zu überleben, machen sich auf die Suche nach ihrem Bauern. Sie können ihn aber nicht finden, weil in ihren Augen alle Menschen gleich aussehen - und verwüsten auf ihrem Weg die halbe Stadt.

Die Handlung von "Shaun das Schaf - Der Film" ist so herrlich abgedreht, wie man es von den Machern der gleichnamigen Fernsehserie erwarten darf. Die Schafe sind die meiste Zeit damit beschäftigt, in der ungewohnten Umgebung unerkannt zu bleiben - Slapstick am laufenden Band.

Als sie schließlich in einem Gourmet-Restaurant enttarnt werden, wird Shaun, ihr cleverer Anführer, von einem Tierfänger ins Tierheim gebracht. Er kann entkommen, findet den Bauern - doch der erkennt ihn nicht. Shaun ist am Boden zerstört, aber schließlich gibt es doch noch ein Happy End.

Der erste Spielfilm mit dem berühmtesten Schaf der Welt war eine besondere Herausforderung für die Animatoren der Aardman-Studios im englischen Bristol. Die Episoden der Fernsehserie "Shaun das Schaf", die seit 2008 läuft, sind jeweils nur sieben Minuten lang und spielen immer im gleichen Setting: einem Bauernhof in der englischen Grafschaft Shropshire. Für den Spielfilm, der am 19. März in die Kinos kommt, mussten die Macher nun 80 Minuten füllen. Um die Spannung zu halten, erfanden sie nicht nur eine neue Kulisse, sondern auch zusätzliche Charaktere.

Eine klassische Vater-Sohn-Geschichte

Zum ersten Mal verlässt Shaun für längere Zeit den Bauernhof und entdeckt die große weite Welt. "Wir wollten ihn in eine andere Umgebung setzen und sehen, wie er reagiert", sagt Drehbuchautor Richard "Golly" Goleszowski, der Shaun einst erfunden hat. In der Großstadt macht Shaun Bekanntschaft mit Trumper, dem hartherzigen Tierfänger, der die Rolle des Bösewichts spielt. Für Herzenswärme hingegen sorgt Slip, eine kleine Hündin, die sich nach einer Familie sehnt.

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Zu Besuch in den Aardman-Studios: Wie Shaun geschaffen wird

Foto: Studiocanal

Das Verhältnis zwischen der Schafherde und dem Bauern wurde für den Film neu definiert. In der Serie habe der Bauernhof nach dem Modell einer Fabrik funktioniert, sagt Regisseur Mark Bruton. Der Bauer war der Fabrikbesitzer, der Hund Bitzer der Vorarbeiter, die Schafe die Arbeiter. Im Film spielen sie nun eine Familie: der Bauer als Vater, Bitzer als großer Bruder, Shaun als rebellisches mittleres Kind.

"Für 80 Minuten braucht man eine stärkere Geschichte", sagt Goleszowski. "Eine mit emotionaler Tiefe, sodass man sich mit den Figuren identifizieren kann". Der Film sei letztlich eine Vater-Sohn-Geschichte. Shaun wolle unabhängig sein und lehne sich gegen den Vater auf. "Dann erlebt er, wie schwierig ein Leben ohne Vater ist".

Die mannshohen Stadtkulissen im Studio sind mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Das Café heißt "Gulp A Coffee", eine ironische Anspielung auf die englische Kette "Costa Coffee". Es sei für die Animatoren nicht immer einfach gewesen, die Figuren in den riesigen Kulissen zu bewegen, erzählt Golly. Die Dreharbeiten sind mühsam: Jede Szene wird mit Figuren dargestellt, abgefilmt, dann wird minimal umgestellt, ein Arm etwas angehoben, ein Gesichtsausdruck leicht verändert, dann wird wieder abgefilmt. Pro Tag entstehen so sechs Sekunden Film.

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"Shaun das Schaf": So sieht der fertige Film aus

Foto: Studiocanal

Shaun gab sein Debüt 1995 als Nebendarsteller in dem "Wallace and Gromit"-Film "A Close Shave". Sein Sechs-Minuten-Auftritt als verfressenes Schaf kam gut an, schon damals ahnte Goleszowksi, dass die Figur das Zeug für eine eigene Serie hatte. Shaun sollte sein wie ein zwölfjähriger Junge: Gewitzt, mutig und mit einem gesunden Hang zur Anarchie. "Wir mögen dieses Alter", sagt Goleszowksi. "In dem Alter testen Jungs ihre Grenzen aus." Erwachsenwerden ist nicht vorgesehen. "Shaun bleibt immer derselbe, genauso wie Bart Simpson immer derselbe bleibt", sagt Golly. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass er in die Pubertät kommt, mit kleinen Hörnern auf dem Kopf."

Dass das kleine Schaf mittlerweile weltweit in über hundert Ländern zu einem Hit bei Kindern und ihren Eltern geworden ist, führt sein Erfinder unter anderem darauf zurück, dass Shaun nicht spricht. Auch im Film gibt es keine Dialoge, die Kommunikation findet ausschließlich über Blicke und Gesten statt. Die Körpersprache sei universal, sagt Goleszwoski. Das habe schon der amerikanische Stummfilm-Star Buster Keaton gewusst.

Im Studio in Bristol zeigt Werkstattmeister Nigel Leach stolz seinen Fundus an selbstgebauten Puppen: Shaun ist zwölf Zentimeter groß, es gibt ihn in mehrfacher Ausführung. Die Animatoren haben die Auswahl zwischen zwölf verschiedenen Mündern, die an den schwarzen Kopf geklebt werden können. In der Werkstatt stehen Nähmaschinen, Bügeleisen, Schraubstöcke und kistenweise Materialien. An der Wand hängen Skizzen der Kleider, mit denen sich Shaun und seine Freunde in der Stadt verkleiden: Gartenhandschuhe, Rollkragenpullis, Schiebermützen, Plateauschuhe. Er müsse sehr aufpassen, keine Markenrechte zu verletzen, sagt Leach. "Wir können nicht einfach Turnschuhe mit drei Streifen zeigen".

Es gehört zur Kunst von Aardman, dass selbst die Klamotten im Film für Lacher sorgen. Auch Anspielungen auf bekannte Filmszenen aus Hollywood-Klassikern dürfen nicht fehlen. "Wir versuchen, uns selbst zum Lachen zu bringen", sagt Golesowski. Beim Drehen kämen häufig spontan Ideen hinzu. "Manche Witze verstehen nur Erwachsene", sagt er. Aber es gebe keinen speziellen Humor für Kinder. "Wenn wir es lustig finden, kommt es ins Skript".

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