Tageskarte Film Der Schatzmeister
Es heißt ja immer, die Filmindustrie diskriminiere Frauen ab 40. Das stimmt natürlich auch, denn wenn Hollywood tatsächlich mal eine reife Frau besetzen muss, was selten genug vorkommt, landet die Rolle meist bei Meryl Streep. Wenn die keine Zeit hat, fällt den Studio-Bossen offenbar nur Susan Sarandon ein, manchmal vielleicht noch Diane Keaton. Für alle anderen bleibt da nicht viel. Allerdings haben das Problem auch die Männer. Bei denen fängt es zwar erst so ab 50 an, richtig schwierig zu werden, doch dann sieht es bei ihnen nicht besser aus als bei den Kolleginnen: Es gibt nur wenige gute Rollen, und die bekommt eigentlich alle Jack Nicholson. Die Resteverwertung übernehmen Michael Caine oder Dustin Hoffman.
Das hier zu bemitleidende Opfer dieses Systems heißt Michael Douglas. Der ist mittlerweile 63 Jahre alt und hatte seine letzten bemerkenswerten Auftritte vor sieben Jahren in Steven Soderberghs Drogensaga "Traffic" und als ausgebrannter Englischprofessor in Curtis Hansons "Wonderboys". Was dann kam, vom nervigen Entführungs-Thriller "Sag kein Wort" (2001) bis zum Secret-Service-Desaster "The Sentinel" aus dem letzten Jahr, kann man vergessen. Sogar für ein paar Gastauftritte in TV-Serien hat er sich mittlerweile hergegeben, womit er nach den legendären "Straßen von San Francisco" in den siebziger Jahren abgeschlossen hatte und was spätestens seit seinem Oscar für "Wall Street" unter seiner Würde ist.
Zum Glück gibt es neben den großen Hollywood-Studios, die Douglas offensichtlich vergessen haben, auch noch unabhängige Produktionsfirmen und Filmemacher. Darunter sind zwar eine Menge Regie-Anfänger, und mit denen sollte sich ein Michael Douglas auch nicht mehr abmühen müssen, aber manchmal bleibt eben keine Wahl. Und manchmal, wie in Mike Cahills Debütfilm "King of California", der heute in die Kinos kommt, führt ein Jungregisseur seinen alternden Star zu ganz neuen Höhen.
"King of California" erzählt vom manisch-depressiven Ex-Musiker Charlie (Douglas), der nach einer Auszeit in einer Nervenklinik zu seiner 16-jährigen Tochter Miranda (souverän wie immer: Evan Rachel Wood) zurückkehrt, die bis dahin allerdings bestens allein zurechtgekommen ist. So geht ihr der labile Papa auch schnell auf die Nerven, ist er doch offenbar wenig motiviert, sich einen Job zu suchen, und verwendet stattdessen den Großteil seiner Zeit damit, einen angeblich im südkalifornischen Nirgendwo verschollenen Schatz zu suchen, von dem er in der Krankenhaus-Bibliothek gelesen hat. Irgendwann hat er seine Tochter so weit, ihn dabei zu unterstützen, und die allmähliche Wiederannäherung zwischen Vater und Tochter kann beginnen.
Es ist ein kleiner, liebenswerter Film, der sich die großen Rührseligkeiten spart und stattdessen mit leichter Melancholie und mit feinem Humor eine umso größere Wirkung erzielt. Doch "King of California" wäre wenig ohne Michael Douglas. Ohne jemals in die bei vielen seiner Kollegen so beliebte "Seht-her-ich-bin-geisteskrank!"-Holzhammer-Schauspielmethode zu verfallen, schafft er mit seinen sanften Gesten und einer Spur von Verzweiflung im Blick eine tief menschliche Figur, unergründlich und sympathisch. Er ist der König von Kalifornien.
Hoffentlich hat Hollywood das auch gesehen.