Tageskarte Kino Nicht gelb, aber gut
Ein zurückgebliebenes Familienoberhaupt mit einer geheimen Schwäche für Barry Manilow, ein verblödeter Sohn, der von einem bösen Affen in seinem Schrank terrorisiert wird, eine hässliche Tochter, die nicht einmal Mutter und Vater besonders mögen, ein Martini-trinkender Hund und ein boshaftes, sehr eloquentes Baby, dass die Weltherrschaft plant, und wenn das nicht klappt, wenigstens den Tod seiner Mutter: "Family Guy" ist voll von lauter schönen Dingen. Das schönste an der amerikanischen Comic-TV-Serie ist jedoch, dass es sie überhaupt noch gibt.
Zweimal schon hat der Sender Fox die Show in den vergangenen Jahren wegen enttäuschender Quoten abgesetzt, nur um sie mehr oder weniger kurz darauf wieder ins Programm zu hieven. Beim ersten Mal haben noch wütende Fan-Proteste die Sender-Bosse zum Umdenken bewegt, beim zweiten Mal waren es ganz materielle Gründe: Als die Serie nicht mehr im Fernsehen lief, griffen die Fans millionenfach zu den DVDs. Schon gab man der Serie wieder eine Chance, und siehe da auf einmal klappte es auch mit den Quoten.
In Deutschland ist die Lage leider weniger rosig. ProSieben hat die Serie wegen mangelnden Zuschauerinteresses zum winzigen Digital-Sender Sat1Comedy abgeschoben, und wer den nicht bekommt, muss sein Glück im Abendprogramm von MTV versuchen und einige Widerstandsfähigkeit gegen dauernde Unterbrechungen durch Handy-Klingelton-Spots mitbringen. Einen wirklich guten Sendeplatz bekam "Family Guy" hier nie, und so halten zu viele Zuschauer die Show hier immer noch für einen missglückten Abklatsch der legendären "Simpsons".
Natürlich sind die Ähnlichkeiten zum gelben Klassiker aus Springfield nicht wirklich subtil: Eine gezeichnete Kleinstadtfamilie als Parodie zum amerikanischen Familienglück ist seit den "Simpsons" nun einmal keine besonders originelle Idee mehr, und besonders "Family Guy"-Held Peter Griffin wirkt in seiner stumpfen Lethargie und dem ständigen Fluss schlechter Ideen manchmal wie ein Abziehbild des unübertroffenen Vorbildes Homer. Das macht aber nicht viel aus, wenn die Gags trotzdem gut, die Geschichten intelligent und die Charaktere liebenswert sind. Das alles ist bei "Family Guy" der Fall, was wiederum in Deutschland wohl vor allem deshalb nie groß aufgefallen ist, weil es ganz im Gegensatz zu den "Simpsons" mit einer wenig inspirierten Synchronisation gestraft wurde, die den Wortwitz aus dem Original vielfach auf halber Strecke zur Pointe verenden lässt.
Was ein Grund wäre, mal zu einer "Family Guy"-DVD zu greifen, denn da kann man sich das Ganze so anhören, wie es auch gedacht war. Für Einstieger, die sich noch keine ganze Staffel zumuten wollen, ist gerade die Doppelfolge "Blue Harvest" erschienen, eine "Star Wars"-Nacherzählung mit der Griffin-Sippe in den Hauptrollen: Vater Peter als Han Solo, Mutter Lois als Prinzessin Leia, Hund Brian als Chewbacca und selbstverständlich Baby Stewie als noch bösere Version von Darth Vader. Eine weitgehend geschmacklose (einen Obi-Wan-Kenobi mit angedeuteten pädophilen Neigungen muss man erstmal verkraften), meistens äußerst witzige und immer liebevolle Hommage an das Sternen-Epos von George Lucas. Der hatte für die wenig zimperliche Parodie seines Werkes übrigens grünes Licht gegeben und präsentiert sich in einem kleinen Bonus-Interview auf der DVD als glühender "Family Guy"-Verehrer. Und Lucas ist in Geschmacksfragen ja relativ verlässlich, wenn man mal diesen ganzen Prequel-Unsinn mit "Star Wars Episode I III" vergisst.
Und die schlägt "Family Guy - Blue Harvest" jedenfalls um Längen.
DVD "Family Guy präsentiert: Blue Harvest" (20th Century Fox)