Kino-Spaß "The Lego Movie" Auf diese Steine können Sie bauen
Was soll man über so einen Durchschnittstypen schon groß sagen? Sein Name ist Emmet, er lebt in der Großstadt, ist alleinstehend und hat einen Job als Bauarbeiter. Wie alle anderen kauft er überteuerten Kaffee zum Mitnehmen, kennt immer nur den aktuellen Radiohit und schaut dauernd dieselbe alberne Fernsehserie. Das ist zwar ein bisschen traurig, doch eigentlich keine weitere Erwähnung wert. Wäre da nicht ein besonderer Umstand: Emmet ist eine Lego-Figur. Mehr noch - und was seinen knallgelben Plastikkopf bald zum Rotieren bringt -, er ist der arglose Held eines klugen, ungestümen und begeisternden Kinofilms.
Dessen so schlichter wie selbstbewusster Titel "The Lego Movie" steht nicht nur für den zweifellos längsten Werbespot in der Geschichte des dänischen Konzerns. Er fasst auch programmatisch den Ansatz des hyperkreativen Teams um die Regisseure und Drehbuchautoren Phil Lord und Christopher Miller zusammen: Spielend und ohne Hemmungen loten sie alle Möglichkeiten ihres Materials aus, um daraus die schönste und kühnste Welt zu bauen. Was sie dabei erschaffen, sieht vertraut und doch aufregend neu aus. Nahtlos kombiniert der 3D-Film klassische Stop-Motion-Trickaufnahmen mit computergenerierten Animationen und schafft so die perfekte Illusion einer zum Leben erwachten Legokiste.

"The Lego Movie": Eine Kiste voll Anarchie
Für Jedermann Emmet ist es einfach seine Wirklichkeit, in der sich niemand wundert, dass die eigenen Klammerhände prima Gänsekeulen oder Schraubenschlüssel umfassen können, sich mangels Fingern jedoch mit Mobiltelefonen und Fernbedienungen schwertun. Doch als Emmet eines Nachts zufällig auf ein mysteriöses Artefakt und die ebenso geheimnisvolle Widerstandskämpferin Wildstyle stößt, gerät sein Alltag aus den Fugen.
Während der ersten von vielen atemlosen Verfolgungsjagden klärt Wildstyle den perplexen Emmet auf: Sein kleines Legoland ist nur eine von einst verbundenen Welten, die durch den kontrollwütigen Potentaten Lord Business voneinander abgeschnitten wurden. Unter Business' Regime läuft alles strikt nach Plan, weshalb es etwa für die ruhiggehaltene Stadtbevölkerung auch nur einen Song - den Kirmestechno-Bastard "Everything is Awesome", brillant-enervierend interpretiert von Tegan and Sara und The Lonely Island - und eine anspruchslose TV-Show gibt.
Wildstyle und ihre Mitstreiter wollen nun den betäubten Bewohnern die verlorene Konstruktionsfreiheit zurückgeben. Und da kommt Emmet ins revolutionäre Klötzchenspiel: Das Artefakt weist ihn als einen prophezeiten Meisterbauer aus, der die drohende Dauerfixierung des Universums durch Business aufhalten kann.
Lego kann alles sein, und alles ist Lego
Dem verwegenen Plot wirklich folgen kann Emmet nicht, denn er hat sich prompt in seine draufgängerische Begleiterin verliebt. Dumm nur, dass Wildstyle einen festen Freund hat. Und das ist ausgerechnet Batman, hier ein reichlich von sich selbst überzeugter Superheld, der zwanghaft alle schwarzen Legos für sich beansprucht. Gerne spielt er Mitfahrern im Batmobil ungefragt einen autobiografischen und höchst prätentiösen Nu-Metal-Song durch seine Angeberboxen vor. Aussagekräftiges Zitat: "Darkness!/No Parents!".
Der dunkle Ritter ist nicht der einzige Casting-Coup in der Architekten-Guerilla, zu der auch Gandalf, Superman, ein aufgedrehtes "Hello Kitty"-Einhorn-Hybrid (das "Unikitty") sowie etliche prominente Überraschungsgäste zählen. Alles, was das dicke Lego-Lizenzgeschäft zu bieten hat, wird mobilisiert und liebevoll persifliert. Gerade in den verschwenderisch pointenreichen Szenen mit den oft überforderten Stars aus dem weiten Popkulturuniversum profitiert der Film von der Mitwirkung Chris McKays, der zahlreiche Folgen der Stop-Motion-Satire "Robot Chicken" inszenierte.
Die putzigen bis pampigen Superhelden bieten aber mehr als nur Wortwitz und einen reizvollen Wiedererkennungs- und Verfremdungseffekt. Auf Miniaturniveau gestutzt, sind sie eins mit allen anderen Figuren, was die egalitäre Botschaft des Films unterstreicht. Denn Lego kann alles sein, und alles ist Lego.
Für Emmet heißt das: Ich baue, also bin ich. Und was ich werde, ist nur durch die Grenzen meiner Vorstellungskraft beschränkt. Als Modell nach Vorschrift zu erstarren, bedeutet hingegen den Tod. Kein Wunder also, dass das Kryptonit des kreativen Helden eine schnöde Tube Klebstoff ist.
Das alles ist viel anarchische Punkenergie und Non-Konformismus für einen Film, der in jeder Einstellung Product Placement betreibt. Dieser Widerspruch entzieht sich den Machern natürlich nicht, und so werden die typischen piktografischen Lego-Bauanleitungen auch gleich selbstironisch als Agit-Prop-Material von Lord Business entlarvt.
Gegen engstirniges Mikromanagement und für den Wildwuchs der Ideen geht es auch in den weiteren, verblüffenden Metaebenen der Erzählung, die "The Lego Movie" in rasendem Tempo und leichthändig eröffnet. Zu bestaunen, wie hierbei kindgerecht (aber keineswegs kindisch) existenzphilosophische Grundsatzfragen touchiert werden, ist schlicht ein Riesenspaß.
Der wird sich nach dem Film auf den Kinderzimmerböden dieser Welt fortsetzen, wenn das junge Publikum die Abenteuer von Emmet weiterbaut. Stein für Stein, bis ein Meisterwerk wie "The Lego Movie" entsteht.
