"Fast & Furious"-Ableger Neues Reich, neue Könige

Nachdem sich The Rock und Vin Diesel zerstritten haben, bekommt jeder seine "Fast & Furious"-Reihe. Den Anfang macht The Rock mit "Hobbs & Shaw" - Fans können sich auf Nahkämpfe und hochgedrehtes Co-Star-Geplänkel freuen.
"Fast & Furious"-Ableger: Neues Reich, neue Könige

"Fast & Furious"-Ableger: Neues Reich, neue Könige

Foto: Universal Pictures

Ein Bruderzwist hat während der letzten Jahre das Haus "Fast & Furious" auseinandergerissen. Nachdem Patriarch Vin Diesel und Neuzugang Dwayne Johnson immer wieder aneinandergeraten waren, kam es beim Dreh zu "Fast & Furious 8" wohl zum endgültigen Zerwürfnis. Die Familie ist also zerbrochen, das Königreich ist zerfallen, und von nun an gibt es zwei konkurrierende "Fast & Furious"-Filmreihen: Bevor im nächsten Jahr der offizielle neunte Teil ansteht (mit Diesel, ohne Johnson), kommt jetzt mit "Hobbs & Shaw" der erste Ableger der Reihe ins Kino (mit Johnson, ohne Diesel).

Die Berichte über Hahnenkämpfe hinter den Kulissen kann man als Klatsch abtun, aber sie sind doch charakteristisch für den besonderen Reiz dieser Filmreihe. Denn in ihren besten Momenten sind die "Fast & Furious"-Filme vor allem eine freudige Sandkasten-Spielerei - zu der Imponiergehabe irgendwie auch dazugehört.

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"Hobbs & Shaw": Zeichentrick im Realfilm-Gewand

Foto: Universal Pictures

Diese kindlichen Streitigkeiten werden in "Hobbs & Shaw" noch einmal hochgedreht: Trotz Abneigung müssen sich der Agent Luke Hobbs (Dwayne Johnson) und der ehemalige Auftragskiller Deckard Shaw (Jason Statham) zusammentun, um den Elitesoldaten Brixton Lore (Idris Elba) davon abzuhalten, mit einem Supervirus einen Großteil der Menschheit auszulöschen. Zu ihnen gesellt sich Deckards Schwester, die MI6-Agentin Hattie (Vanessa Kirby), die aber inmitten des wechselseitigen Auftrumpfens der Hauptfiguren bald etwas verloren geht.

Auch wenn wieder einmal der Tonfall charmanter Großspurigkeit angeschlagen wird, unterscheidet sich "Hobbs & Shaw" doch deutlich von seinen Vorgängern. Vor allem in den frühen Szenen setzt sich etwa die Handschrift von Regisseur David Leitch klar durch: Nicht groß angelegte Actionsequenzen mit Autos, Explosionen und körperlichen Heldentaten stehen da im Vordergrund, sondern präzis choreographierte Nahkämpfe.

Wie bereits in Leitchs früheren Filmen "John Wick" und vor allem "Atomic Blonde" werden dann allerlei Alltagsgegenstände in tödliche Waffen verwandelt, verhaken sich die kämpfenden Körper in absurden Positionen und müssen unzählige Schläge auf den Gegner niederprasseln, bevor dieser endlich am Boden liegen bleibt. So entwickeln diese Kämpfe eine große Wucht und eine fast grimmige Intensität, eben weil ihnen alles ironisch Überzeichnete konsequent ausgetrieben wurde.


"Fast & Furious: Hobbs & Shaw"
USA 2019
Regie: David Leitch
Drehbuch: Chris Morgan
Darsteller: Jason Statham, Idris Elba, Dwayne Johnson, Vanessa Kirby, Eddie Marsan
Produktion: Seven Bucks Productions, Chris Morgan Productions
Verleih: Universal Pictures
Länge: 135 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
Kinostart: 1. August 2019


Die Atmosphäre spielerischer Leichtigkeit muss "Hobbs & Shaw" also auf andere Art erzeugen, und der Film setzt in der Hinsicht ganz auf das schnippische Gezänk seiner zwei Hauptfiguren. Doch gerade dieser permanente Austausch von Beleidigungen, der oft komplette Szenen in Beschlag nimmt, wird im Laufe des Films zunehmend ermüdend.

Das liegt vor allem daran, dass sich Hobbs und Shaw als Figuren im Grunde nicht wirklich voneinander unterscheiden - sie sind beides harte Kerle, die ständig ihre Härte beweisen müssen. Eine Split-Screen-Sequenz, in der ihre jeweilige Morgenroutine gezeigt wird, macht das deutlich: Da besteht dann der größte sichtbare Unterschied zwischen den beiden darin, dass der eine ein Motorrad fährt und der andere einen Sportwagen. Auch ihre Beziehung erfährt keine tiefere Entwicklung, und so erscheint der permanente trash talk irgendwann als reiner Stellungskrieg, in dem dasselbe Territorium immer wieder neu abgesteckt wird.

Trotz der neuen Ansätze ist "Hobbs & Shaw" folglich am besten, wenn er sich auf die alten Tugenden der "Fast & Furious"-Filme besinnt. Und diese waren vor allem eines: Zeichentrickfilme im Realfilm-Gewand, die sich nicht um Logik, Realismus oder geschmackvolle Zurückhaltung scherten. Zum Glück gibt es auch in Leitchs Film einige Szenen, die sich einem derartigen Überschwang hingeben, etwa eine Verfolgungsjagd über die Außenfassade eines Hochhauses oder ein Kampf zwischen einem Helikopter und einer Armada ausrangierter Trucks.

Im Video: Der Trailer zu "Hobbs & Shaw"

Und wenn auch diese Sequenzen nie ganz auf so originelle Art durchgeknallt sind wie die besten Szenen der Vorgängerfilme - nun ja, es dauert eben eine Weile, bis so ein neues Königreich auf eigenen Füßen steht.

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