"A World Beyond" mit George Clooney Nie war die Zukunft so von gestern

"A World Beyond" mit George Clooney: Nie war die Zukunft so von gestern
Foto: DisneyWas bringt die Zukunft? Geht es nach "A World Beyond", dann unter anderem silbern glitzernde Städte, riesige Roboter und einen frei schwebenden Swimmingpool ohne Boden. Manches jedoch wirkt vertraut. Etwa George Clooney, der nonchalant allerhand Wunder der Technik beäugt. Sowie natürlich Disney, die globale Traumfabrik.
In den Vereinigten Staaten startet Brad Birds Science-Fiction-Film denn auch unter dem Titel "Tomorrowland", in Anlehnung an die gleichnamige Attraktion in Disneyland. Weil aber in einigen internationalen Märkten eine andere Firma Rechte an der Wortschöpfung hält, musste ein Alternativtitel her. Was eingedenk der beeindruckenden Lizenzmacht Disneys nicht einer sanften spätkapitalistischen Ironie entbehrt.
Doch das ist lediglich eine Fußnote dieses ausladenden, über zwei Stunden langen Spektakels, das sich gleich zwei Erzähler leistet: Zunächst Frank Walker (George Clooney), einen desillusionierten Erfinder, der offenkundig seinen Fortschrittsglauben verloren hat.

"A World Beyond" mit George Clooney: Macht Nix
Das war 1964 noch anders: Da besuchte der heranwachsende Frank (Thomas Robinson) die Weltausstellung in New York, im Gepäck seinen selbstgebastelten Raketenrucksack. Den strengen Wissenschaftler David Nix (Hugh Laurie) konnte der Junge mit seiner Konstruktion zwar nicht beeindrucken, dafür aber das mysteriöse Mädchen Athena (Raffey Cassidy). Sie schenkte Frank einen orange-blauen Anstecker, der sich kurz darauf als Eintrittskarte in eine andere Dimension erwies.
So gelangte Frank in eine geheime, von Nix und anderen brillanten Köpfen geschaffene Parallelwelt. Dort wurden fantastische Ideen prächtige Wirklichkeit, weshalb sich Frank im Paradies wähnte. Warum er später daraus verstoßen wurde, bleibt aber vorerst sein Geheimnis.
Aus Inspiration wird Indoktrination
Wieder in der Gegenwart, führt "A World Beyond" mit der technikbegeisterten Teenagerin Casey (Britt Robinson) seine zweite Erzählerin ein. Die Tochter eines Nasa-Ingenieurs will die Abwicklung des Raumfahrtprogramms aufhalten und ruft mit ihrem Tatendrang die rätselhaft kindgebliebene Athena auf den Plan. So bekommt Casey ebenfalls einen Anstecker, der sie bei bloßer Berührung schlagartig Tomorrowland sehen lässt. Aber Athena hat auch eine drängende Mission für Casey: Sie soll den verbitterten Frank aus seiner Einsiedlerexistenz holen, um mit ihm gemeinsam nicht nur das futuristische Experiment, sondern gleich die ganze Welt zu retten.
Nun ist das Abwenden von Katastrophen bekanntlich Alltag im Blockbuster-Kino. Weshalb sich "A World Beyond" mit großem Aufwand bemüht, selbst ein effektgewohntes Publikum zum Staunen zu bringen. Das gelingt zeitweilig: Wenn sich der Eiffelturm kunstvoll zu einer Raketenabschussrampe entfaltet oder eine handelsübliche Badewanne plötzlich zum Flugobjekt wird, dann springt tatsächlich kindliche Begeisterung über in den Saal. Ebenso stellt das Zukunftsland eine imposante Kulisse dar, in der es an jeder abgerundeten Ecke verheißend glänzt, schwirrt und surrt.
Nur leider verlässt sich die von Bird und Co-Autor Damen Lindelof ("Lost") ohnehin sehr umständlich in Fahrt gebrachte Erzählung nicht auf die Entdeckerlust ihrer Protagonisten und der Zuschauer, sondern versucht sich in der wortreichen Werbung für eine optimistische Weltsicht. Das entwickelt im Verlauf der zudem häufig erlahmenden Handlung eine unangenehme Penetranz.
Dabei ist es an sich ja nicht verwerflich, die Kraft positiven Denkens zu propagieren. Doch hin zum Finale gerinnt die Retro-Fantasie zum naiv-ideologischen Programm: Das Patentrezept ist hier die Rückkehr zu einer bestenfalls nostalgischen Zukunftsvision, die geradewegs den Fünfzigerjahren entsprungen scheint. Natürlich kosmetisch von Rassismus, kaltem Krieg und gesellschaftlicher Ungerechtigkeit bereinigt.
Nostalgie ohne Ironie
Gegen den bedauerlichen Beigeschmack können auch die engagierten Darsteller nichts ausrichten. Das ist schade, denn George Clooney und Britt Robinson geben einnehmend den knurrigen Idealisten und die enthusiastische Nachwuchsforscherin, während Newcomerin Raffey Cassidy als ewigjunge und überraschend tragische Athena überzeugt. Allein Hugh Laurie wirkt in seiner vom Drehbuch sträflich unterentwickelten Rolle als nomineller Antagonist oft wie in der Kulisse abgestellt und nicht abgeholt.
Auch das Talent von Regisseur Brad Bird ist unbestritten: Birds "The Iron Giant" (1999) ist immer noch einer der schönsten Animationsfilme der letzten Jahrzehnte, und in den Pixar-Produktionen "The Incredibles" (2004) und "Ratatouille" (2007) demonstrierte er, wie sich Herzenswärme und Humor mit visueller Virtuosität vereinen lassen. Den Realfilm "Mission: Impossible - Phantom Protokoll" (2011) inszenierte er später mit demselben Timing und Aberwitz wie seine Animationsarbeiten.
Diese Qualitäten blitzen gelegentlich in "A World Beyond" auf, doch sie verlieren sich in einer unausgegorenen und am Ende enttäuschenden Geschichte. Dass die im Film postulierte Inspiration oft fatal nach Indoktrination klingt, mag indes auch einer mangelnden Fähigkeit zur Selbstironie im Haus mit der Maus geschuldet sein. Dabei punktete Disney in den vergangenen Jahren mit Filmen wie "Die Eiskönigin", die bewusst mit dem chronisch wertkonservativen Image des Konzerns brachen.
Was von "A World Beyond" bleibt, ist ein Themenparkfilm, der selbst frappierend einem angestaubten Fahrgeschäft gleicht: Erst hebt er lange nicht ab und endlich in der Luft, tuckert er in die falsche Richtung.
Sehen Sie hier den Trailer zu "A World Beyond"
Originaltitel: Tomorrowland
USA 2015
Regie: Brad Bird
Drehbuch: Brad Bird, Damon Lindelof
Darsteller: George Clooney, Hugh Laurie, Britt Robertson, Raffey Cassidy, Tim McGraw, Kathryn Hahn, Keegan-Michael Key
Produktion: Walt Disney Pictures
Verleih: Walt Disney Germany
Länge: 130 Minuten
Start: 21. Mai 2015
FSK: ab 12 Jahren
A World Beyond - Offizielle Website