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US-Filmpreise Stummfilm räumt Golden Globes ab

Keine Sprache, viel Musik und ein Hund: Mit diesem Rezept hat "The Artist" die Jury der Golden Globes verzückt. Der Schwarzweißfilm gewann drei Trophäen bei der Verleihung des zweitwichtigsten US-Filmpreises. Doch für die Oscars ist mit einem Konkurrenten zu rechnen: "The Descendants" mit George Clooney. 

Los Angeles - Der Star war der Hund: Uggie, der Jack-Russell-Terrier, der in "The Artist" eine wichtige Rolle spielt, wurde auf der Bühne der Golden Globes bejubelt fürs Männchenmachen und Totstellen. Mit drei Trophäen war der Stummfilm "The Artist" bei der Verleihung der Golden Globes erwartungsgemäß der große Sieger.

Die Hommage an die Stummfilm-Ära Hollywoods unter der Regie des Franzosen Michel Hazanavicius war mit insgesamt sechs Nominierungen als Favorit ins Rennen um die "Goldene Weltkugel" gegangen. Der Film, der bei uns am 26. Januar in die Kinos kommt, wurde in der Nacht zum Montag als beste Komödie, für Filmmusik und für den wortlosen Auftritt von Comedy-Hauptdarsteller Jean Dujardin ausgezeichnet.

Ludovic Bource, der Komponist der Filmmusik zu "The Artist" entschuldigte sich in seiner Dankesrede für sein unsicheres Englisch. "Es tut mir leid. Ich bin Franzose", erklärte er. So sei er in Sachen Musik eben besser als mit Worten. Die Musik zu "The Artist" war in den Tagen vor der Preisverleihung in die Kritik geraten, als die Schauspielerin Kim Novak ein Klangzitat aus dem Hitchcock-Klassiker "Vertigo" bemängelte.

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Golden-Globe-Verleihung: Ein Hund und George Clooney

Foto: ROBYN BECK/ AFP

Der Hauptpreis für das beste Filmdrama ging an "The Descendants" (deutscher Kinostart ebenfalls am 26. Januar unter dem Titel "The Descendants - Familie und andere Angelegenheiten"). Hollywood-Star George Clooney ist darin in kitschigen Hawaii-Hemden als gestresster Vater zu sehen, der sich nach dem schweren Unfall seiner Frau um seine beiden Töchter kümmern muss. Für seine Rolle wurde er zum besten Drama-Darsteller gekürt.

Meryl Streep gewann mit ihrer Rolle als Margaret Thatcher in "The Iron Lady" eine weitere Trophäe als beste Drama-Darstellerin. Es war ihre 26. Globe-Nominierung. Sieben Mal hat sie zuvor bereits gewonnen, zuletzt 2010 für die Komödie "Julie & Julia". Weil sie ihre Brille am Platz vergessen hatte, musste Streep ihre Dankesrede aus dem Gedächtnis vortragen, was ihr einen Fluch entlockte - der von der TV-Regie mit einem Piepsen übertönt wurde.

Preise für die Veteranen Allen und Scorsese

Michelle Williams erhielt den Preis als beste Komödien-Darstellerin. In "My Week with Marilyn" verkörpert sie Hollywoods Sex-Göttin Marilyn Monroe, die den gleichen Preis 52 Jahre zuvor gewonnen hatte. Eine Nebendarsteller-Ehrung ging an Octavia Spencer für ihre Rolle als schwarzes Hausmädchen in dem Rassendrama "The Help". Ihr 82-jähriger Kollege Christopher Plummer holte sich den Preis für seine Nebenrolle in der Tragikomödie "Beginners" ab. Darin spielt er einen Mann, der sich kurz nach dem Tod seiner Frau zu seiner Homosexualität bekennt.

Madonna gewann einen Globe für den besten Song "Masterpiece" von ihrem Film "W.E.". Die Sängerin führte bei der Liebesgeschichte auch Regie. Woody Allen wurde für "Midnight in Paris" - eine Zeitreise ins Paris der zwanziger Jahre - mit dem Globe für das beste Drehbuch gekürt - traditionell holte er den Preis nicht persönlich ab.

Hollywood-Veteran Martin Scorsese nahm den Regie-Globe für seinen aufwendigen 3D-Film "Hugo Cabret" nach Hause. "Die Abenteuer von Tim und Struppi" brachten Steven Spielberg in der Sparte "Animationsfilm" den dritten Golden Globe seiner Karriere ein.

Als bester fremdsprachiger Film wurde "Nader und Simin - Eine Trennung" aus dem Iran ausgezeichnet. Das Werk des Regisseurs Asghar Farhadi, das auch schon einen Goldenen Bären bei der Berlinale gewann, setzte sich unter anderem gegen das Regiedebüt von Angelina Jolie durch: "In the Land of Blood and Honey" wurde sowohl in Englisch als auch in Serbokroatisch gedreht und trat deshalb auch in dieser Kategorie an.

Der für seinen bissigen Humor bekannte britische Komiker Ricky Gervais teilte als Show-Moderator etliche Seitenhiebe aus. Wie schon im Vorjahr bekam der Deutsche Florian Henckel von Donnersmarck für seinen Flop-Film "The Tourist" Spott ab. Gervais bedrängte Hauptdarsteller Johnny Depp mit der Frage, ob der den Film schon gesehen habe. Depp verneinte, das Publikum lachte.

Doch wirkte Gervais verglichen mit seinem Vorjahresauftritt recht zahm. "Nervös?", fragte er zu Beginn seines Auftritts die versammelten Hollywood-Stars, die oft unter seinem Spott zu leiden haben: "Nicht nötig", beruhigte er sie. Dafür bekam der Preis selbst sein Fett weg: Er liebe die TV-Serie "Boardwalk Empire", sagte der Komiker: "Es geht um einen Haufen Immigranten, die vor hundert Jahren nach Amerika kamen, sich mit Bestechung und Korruption befassten und in die High Society aufgestiegen sind - aber genug über Hollywoods Auslandspresse."

Der Verband der Auslandspresse verlieh die Goldenen Weltkugeln zum 69. Mal. Die Golden Globes sind nach den Oscars Hollywoods höchste Auszeichnung. Eine Tatsache, die Ricky Gervais so beschrieb: "Die Globes verhalten sich zu den Oscars wie Kim Kardashian zu Kate Middleton - ein bisschen lauter, ein bisschen trashiger, ein bisschen betrunkener - und leichter zu kaufen. Angeblich."

Ihre Rolle als Indiz für die Oscar-Favoriten haben die Golden Globes in den jüngeren Jahren etwas verloren. "Slumdog Millionaire" war 2008 der letzte Film, der nach einem Golden Globe auch einen Oscar als bester Film gewann. Doch in diesem Jahr könnte der Doppelerfolg wieder gelingen: Sowohl die Komödie "The Artist" als auch das Drama "The Descendants" zählen zu den Top-Favoriten der Preisverleihungs-Saison 2012. Die Nominierungen für die Oscars werden am 24. Januar bekanntgegeben, die Gala findet am 26. Februar statt.

Fernsehpreise für Kino-Gesichter

Bei den Golden Globes werden neben Kinofilmen auch herausragende Leistungen im Fernsehbereich prämiert. Dabei spiegelte sich der Trend wider, dass immer mehr aus dem Kino bekannte Schauspieler sich für Fernsehrollen gerne zur Verfügung stellen. Die aus David-Lynch-Filmen bekannte Laura Dern gewann einen Golden Globe als beste Comedy-Schauspielerin in "Englightened". Kate Winslet wurde für ihre Hauptrolle in der fünfteiligen Miniserie "Mildred Pierce" ausgezeichnet. Den Preis für die beste Nebenrolle erhielt Jessica Lange für "American Horror Story". Und für ihre Rolle in der Drama-Serie "Homeland" bekam Claire Danes einen Golden Globe.

Die Spionage-Geschichte "Homeland" wurde als beste Serie im Drama-Bereich ausgezeichnet; beste Comedy- oder Musical-Serie war "Modern Family" und beste Miniserie wie im Vorjahr "Downton Abbey".

Die männlichen Darstellerpreise gingen überwiegend an alte Bekannte. Matt LeBlanc (Joey aus "Friends") gewann für "Episodes", Idris Elba (Stringer Bell in "The Wire") siegte mit "Luther" und Kelsey Grammer ("Frasier") bekam den Preis für "Boss". Zudem wurde der kleinwüchsige Peter Dinklage für seine Rolle in "Game Of Thrones" ausgezeichnet.

feb/dpa/dapd/AFP/AP/Reuters
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