"5 Zimmer Küche Sarg" Mein Mitbewohner ist leider unsterblich

"5 Zimmer Küche Sarg": Mein Mitbewohner ist leider unsterblich
Foto: Weltkino
"5 Zimmer Küche Sarg": Mein Mitbewohner ist leider unsterblich
Foto: WeltkinoIn Neuseeland, das wissen wir seit Peter Jacksons Splatter-Komödie "Braindead" von 1992, kann man mit verheerenden Folgen gebissen werden. Jackson machte diesen imageschädigenden Fauxpas bekanntlich wieder gut, indem er im "Herrn der Ringe" die Wiesenlandschaften seines Heimatslands prächtiger in Szene setzte, als mancher Reiseprospekt es vermocht hätte.
Der Regisseur Taika Waititi dagegen zeigt die nachtschwarze, klaustrophobische Seite der Hauptstadt Wellington: Statt schwelgerischer Kamerafahrten hat er sich gemeinsam mit Co-Regisseur Jemaine Clement für die scheinbar ungeordnete Ästhetik eines "Mockumentary" entschieden.
Es wird also dunkel, aber keineswegs ernst in "5 Zimmer, Küche, Sarg". Clement und Waititi waren gemeinsam bereits als Comedy-Duo "The Humorbeasts" unterwegs, der Weltöffentlichkeit wurde Clement dann als Co-Protagonist der HBO-Serie "Flight of the Conchords" bekannt - und allerspätestens aufgrund seiner wahrlich furchterregenden Dreadlocks, mit denen er in "Men in Black 3" den außerirdischen Bösewicht gab.
Als 862-jähriger Vladislav bewohnt Jemaine Clement nun eine Wellingtoner WG mit drei anderen Vampiren: dem etwas affektierten Viago (Waititi), dem draufgängerischen Deacon (Jonathan Brugh) und dem stummen, fledermaushaften Petyr (Ben Fransham), an dem die Jahrtausende nun wirklich nicht gerade spurlos vorübergegangen sind. Bald steht der große Untoten-Ball an, das Blutsauger-, Hexenmeister- und Zombie-Ereignis des Jahres - und auf dem Weg dorthin darf ein Team diese wandelnden Anachronisten für einen Dokumentarfilm durch die Nächte begleiten. Die körperliche Unversehrtheit der Crew wurde vertraglich vereinbart.
Serienmörder ohne Spiegelbild
Clement und Waititi haben ihre temporeiche Nummernrevue nur notdürftig dramaturgisch strukturiert, wofür das Movens der Erzählung natürlich eine wunderbare Ausrede liefert: Wir bieten Ihnen einzigartige Einblicke in den Alltag, oder besser: die Allnacht, von Vampiren der heutigen Zeit! Also dürfen in der Folge einfach Stationen abgehakt werden wie die Nahrungsbeschaffung, der nötige Minimalkontakt zur Außenwelt - für den sich Deacon mit der jungen Mutter Jackie eine Art menschliche Sklavin mit dem Versprechen der Unsterblichkeit hält -, Stilfragen kommen auf und allzu bürgerliche Probleme mit der täglichen Routine als Serienmörder ohne Spiegelbild, den die Türsteher ausdrücklich hereinbitten müssen, damit er ihr Etablissement betreten kann.
Spießigkeit tritt auf moralfreie Ewigkeit - in diesem Zusammenprall liegt das humoristische Potenzial des Films. Petyr habe wohl eine Weile nicht aufgeräumt, moniert Viago bei seinem Weckrundgang in der Abenddämmerung, und die Kamera schwenkt auf den Kellerboden voller menschlicher Knochenreste. Ein Krisentreffen der Wohngemeinschaft entspinnt sich um die Frage, wer wie lange das blutverschmierte Porzellan nicht abgewaschen habe. Und bevor der penible Viago an seinen nichtsahnenden Opfern zur Tat schreitet, werden erst einmal Couch und Boden sorgfältig mit Zeitungspapier ausgelegt. Nutzt trotzdem nichts, wenn man versehentlich eine Arterie trifft.
Das mag mäßig originell klingen, und der homoerotische Subtext, der den Film nicht allzu subtil durchzieht, wurde spätestens 1994 bereits von Neil Jordans "Interview mit einem Vampir" in die Mythologie dieses archetypischen Monsters eingeführt. Die komischen Miniaturen versprühen trotzdem eine Menge Witz, was vor allem Waititi und Jonathan Brugh zu verdanken ist, die ihre Rollen sehr gekonnt als nur leicht zugespitzte Karikaturen allzu menschlichen Verhaltens anlegen. Jemaine Clement, der mindestens so verträumt und so viel eindrucksvoller griesgrämig wirken kann, kommt dabei allerdings ein wenig zu kurz.
Ohnehin reißen die Ereignisse später diese eingeschworene Gemeinschaft dann doch aus ihrem Trott. Ein gewisser Nick (Cori Gonzalez-Macuer), eigentlich als Opfer auserkoren, wird von Petyr verwandelt und bricht in seinem jungvampirischen Größenwahn alsbald den Schweigepakt seiner Art. Begegnungen mit Vampirjägern und Werwölfen, die sich enge Benimmregeln auferlegt haben, sorgen für Turbulenzen, und dann ist da noch das "Biest", von dem der grüblerische Vladislav vor langer Zeit so gedemütigt wurde.
Originaltitel: What We Do In The Shadows
NZ 2014
Buch und Regie: Jemaine Clement, Taika Waititi
Darsteller: Jemaine Clement, Taika Waititi, Jonathan Brugh, Cori Gonzalez-Macuer, Stuart Rutherford, Ben Fransham
Produktion: Unison, Defendre Films, Funny or Die et al.
Verleih: Weltkino
Länge: 86 Minuten
FSK: ab 12 Jahren
Start: 30. Oktober 2014
Offizielle Website zum FilmFür die große Satire, die eingefahrene Erzählstrategien packte und umkrempelte oder die dem beschleunigten Tagesleben der westlichen Welt einen düsteren Spiegel vorhielte, ist all dies natürlich viel zu wenig. An die früheren Arbeiten von Jemaine Clement reicht "5 Zimmer, Küche, Sarg" auch nicht heran. Herausgekommen ist vielmehr ein komisches Mosaik von erstaunlicher Leichtigkeit, das die Schrullen seines Personals wie auch des Genres an sich eher brav persifliert.
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Hier geht die Party: Der Film "5 Zimmer Küche Sarg" der Komiker Taika Waititi und Jemaine Clement zeigt im Stil einer Mockumentary das alltägliche Leben einer Vampir-WG in Neuseeland.
Die Bewohner: Vladislav (Jemaine Clement) ist 862 Jahre alt, im Mittelalter aufgewachsen und daher noch "ein Vampir der alten Garde", wie sein Mitbewohner Viago über ihn sagt.
Als viktorianischer Dandy gibt sich Vampir Viago (Taika Waititi). Aus dem 18. Jahrhundert hat sich der 379-Jährige das feine Benehmen und die antike Couch beibehalten.
Mit gerade einmal 183 Jahren stellt Deacon (Jonathan Brugh) eigentlich das Nesthäkchen der WG dar - tatsächlich ist er aber der Bad Boy unter den Bewohnern, der keine Miete zahlt und nicht abspülen will: "Vampire spülen kein Geschirr!"
Der WG-Älteste: Petyr (Ben Fransham) wandelt seit 8000 Jahren auf der Erde, in der Wohngemeinschaft verbringt er viel Zeit in seinem Sarg oder schleicht Nosferatu-gleich durch die Wohnung.
Auf, auf: Der große Untoten-Ball steht an, das Blutsauger-, Hexenmeister- und Zombie-Ereignis des Jahres. Das können sich die WG-Vampire natürlich nicht entgehen lassen. Auf dem Weg dorthin werden sie von einer menschlichen Filmcrew begleitet, deren körperliche Unversehrtheit wurde vertraglich vereinbart.
Jemaine Clement und Taika Waititi waren gemeinsam bereits als Comedy-Duo "The Humorbeasts" unterwegs, der Weltöffentlichkeit wurde Clement dann als Co-Protagonist der HBO-Serie "Flight of the Conchords" und als außerirdischer Bösewicht in "Men in Black 3" bekannt. Mit "5 Zimmer, Küche, Sarg" präsentieren die beiden Neuseeländer nun eine brave Persiflage auf das Genre des Vampirfilms.
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