Woody-Allen-Komödie "Midnight in Paris" Neue Stadt, alte Neurosen

Woody-Allen-Komödie "Midnight in Paris": Neue Stadt, alte Neurosen
Foto: ConcordeDa ist er wieder, der jährliche Filmbeitrag vom unkaputtbaren Tausendsassa des internationalen Arthouse-Kinos, Woody Allen. Der Mann hat was von einer Filmauswurfmaschine, die dauernd neue Werke ausspuckt, damit wenigstens das eine oder andere im kollektiven Bewusstsein kleben bleibt. Das hat das letzte Mal vor drei Jahren richtig funktioniert, bei "Vicky Cristina Barcelona". Der Film war zwar nicht besonders brillant, aber irgendwie sonnig, und Penélope Cruz hat mitgespielt, das hat auch geholfen. Aber erinnern Sie sich noch an den vom letzten Jahr, "Ich sehe den Mann deiner Träume" mit Anthony Hopkins? Oder "Whatever Works" von 2009 mit Larry David?
Statistisch gesehen hat es in den letzten Jahren immer der erste von drei Allen-Filmen zu gewissen Ehren gebracht: "Match Point" (x) - "Scoop" ( ) - "Cassandra's Traum" ( ) - "Vicky Cristina Barcelona" (x) - "Whatever Works ( ) - "Ich sehe den Mann meiner Träume" ( ). Es ist also wieder Zeit für einen Hit.
Wohlmeinender, aber ignoranter Tourist
Und der Mann liefert, wenn er muss. Sein neuer Film "Midnight in Paris" ist schon jetzt den blanken Zahlen nach in den USA sein erfolgreichster überhaupt. Fast 50 Millionen Dollar hat er dort eingespielt, dank Inflation ist das mehr als seine großen Klassiker aus dem vergangenen Jahrhundert schafften, wie "Hannah und ihre Schwestern" und "Manhattan" (die allerdings immer noch deutlich mehr Zuschauer anziehen konnten).

Komödie "Midnight in Paris": Neue Stadt, alte Neurosen
Was aber hat "Midnight in Paris", was die direkten Vorgänger nicht haben? An Paris selbst wird es weniger liegen, denn als echter New Yorker kann Allen ein tieferes Interesse für andere Städte höchstens vortäuschen. Weswegen er - wie schon bei seinen anderen Europa-Abstechern nach London und Barcelona - auch in der französischen Hauptstadt außer den üblichen pittoresken Postkartenklischees kaum originelle Motive findet.
Aber warum auch? Letztlich geht es in "Midnight in Paris" um den netten amerikanischen Drehbuchautor Gil (Owen Wilson), der mit seiner zickigen blonden Verlobten (Rachel McAdams) in Paris nach Inspiration für seinen ersten Roman sucht, und wie jeder wohlmeinende, aber ignorante Tourist dabei eben die gewöhnlichen Sehenswürdigkeiten abklappert. Das führt zu zwei ziemlich überflüssigen Kurzauftritten von Sarkozy-Gattin Carla Bruni als Reiseführerin und den schreibblockierten Helden nur weiter in die Frustration - denn nicht mal das von ihm so glorifizierte Paris scheint seine kreativen Geister wecken zu können.
Hemingway hilft bei der Romanidee
Das allerdings schaffen alte Helden aus vergangenen Zeiten, denn bei einem mitternächtlichen Spaziergang landet Gil in einem Auto, das ihn direkt in die Goldenen Zwanziger Jahre fährt, vor die Tür eines wunderbar verrauchten Clubs, wo er Ernest Hemingway (Corey Stoll) kennen lernen wird und Cole Porter (Yves Heck), später Gertrude Stein (Kathy Bates) und Salvador Dalí (Adrien Brody), auch Picasso, Buñuel und Josephine Baker tauchen auf. Und natürlich eine geheimnisvolle Schönheit (Marion Cotillard), die viel besser zu ihm passt als seine fiese Neuzeit-Blondine, und die ihm wie seine anderen neuen berühmten Freunde auch bei seiner Romanidee hilft.
Diese charmanten Ausflüge in die Vergangenheit sind das einzig wirklich Neue an "Midnight in Paris", dessen Protagonist wie so oft eine Variation des neurosengeplagten Regisseurs selbst darstellt und dessen Frauenfiguren - mit Ausnahme von Kathy Bates spektakulärer Version von Gertrude Stein - entweder karikaturenhafte Furien oder großäugige Engelchen sind. Aber das reicht an Innovation schon aus für ein amüsantes Vergnügen an einem späten Sommerabend. Um es kurz zu machen: "Midnight in Paris" (x).
Midnight in Paris. Start: 18.8. Regie: Woody Allen. Mit Owen Wilson, Rachel McAdams, Marion Cotillard.