

Im wahren Leben kommt das Happy End oft spät, sehr spät. So wie für den Kevin-Hart-Film mit dem kryptischen deutschen Titel "Mein Bester und Ich". Der klingt mutmaßlich so merkwürdig, weil der Verleih vermeiden wollte, auf das französische Original, auf dem der Film basiert, zu verweisen - und es dann doch nicht lassen konnte. Das heißt "Ziemlich beste Freunde" und war mit neun Millionen Zuschauern auch in Deutschland einer der größten Hits der vergangenen Jahre.
Der Titel des Remakes lautet im Original "The Upside", und das Projekt hat eine lange, unglückliche Geschichte hinter sich: Erst verzögerte sich der ursprünglich für 2012 avisierte Drehstart bis 2017; dann wanderte der fertige Film ins Regal, als die produzierende Weinstein Company in Konkurs ging. Und just, als sich neue Verleiher für einen US-Start im Januar gefunden hatten, kam der nächste Schlag: Hauptdarsteller Kevin Hart sagte seinen Job als Moderator der Oscarnacht ab, weil er sich zunächst nicht für homophobe Gags und Tweets entschuldigen wollte.
Eigentlich hätte die Komödie um einen reichen weißen Querschnittgelähmten und seinen schwarzen Pfleger erledigt sein müssen, zumal die US-Kritiker kein gutes Haar an ihr ließen. Erstaunlicherweise spielte sie in den USA trotzdem mehr als 94 Millionen Dollar ein. Ein Happy End also. Grund für gute Laune ist das aber nicht. Denn verdient hat dieser selten unsympathische und uninspirierte Versuch einer Komödie den satten Gewinn nun wirklich nicht.
Das Werk von Regisseur Neil Burger und Drehbuchautor Jon Hartmere gelingt es nicht einmal, zumindest davon zu überzeugen, dass es erzählerisch nötig war. Hinzuzufügen oder in ein neues Licht zu stellen hat "The Upside" nichts. Seine Existenzberechtigung zieht dieser Film allein aus kommerziellen Erwägungen.
Abgestandener Champagner
Wobei man darüber sogar hinwegsehen könnte, würde das Remake nicht vor allem dort versagen, wo es zumindest punkten müsste: beim Unterhaltungswert. Stellt man sich "Ziemlich beste Freunde" ganz französisch als Glas mit perlendem Champagner vor, so ist "The Upside" die Version davon, nachdem das Glas eine Nacht lang auf dem Küchentisch stand: fad, süßlich, klebrig.
Wesentlich geändert haben die Macher an der Originalgeschichte nichts. Wieder ist der schwarze Pfleger, der hier Dell heißt, dafür zuständig, den vom Genick abwärts gelähmten, reichen und weißen Melancholiker (Bryan Cranston) mit neuem Lebensmut zu versorgen. Vermutlich betonten schon die Regisseure von "Ziemlich beste Freunde" unermüdlich, es handle sich um eine wahre Geschichte, um dieser eigentlich beklemmenden Konstellation das Ungleichgewicht zu nehmen.
"Mein Bester & ich"
USA 2017
Regie: Neil Burger
Drehuch: Jon Hartmere, basierend auf dem Film "Ziemlich beste Freunde" von Éric Toledano und Olivier Nakache
Darsteller: Kevin Hart, Bryan Cranston, Nicole Kidman, Aja Naomi King
Produktion: Lantern Entertainment (II), The Weinstein Company
Verleih: Constantin Film
Länge: 126 Minuten
FSK: ab 6 Jahren
Start: 21. Februar 2019
Die rassistischen Stereotype der französischen Vorlage übernimmt "The Upside" größtenteils, ohne sie zu hinterfragen. Nur anfangs sagt Dell, er sei niemandes Diener und werde auf keiner Plantage arbeiten. Damit ist das Thema erledigt.
Ist es natürlich nicht. Struktureller Rassismus zieht sich unausgesprochen durch beide Filmversionen. Omar Sy, der Hauptdarsteller aus "Ziemlich beste Freunde", durfte sich mit seiner Figur wenigstens über das Hochkulturgebaren weißer Snobs lustig machen, während Kevin Harts Dell auch noch affirmativ klassische Musik für sich entdecken muss. Offensichtlicher noch ist in beiden Filmen ein aggressiver Sexismus, der in Frauen vor allem Objekte sieht, an denen sich richtige Kerle aufgeilen dürfen. Ganz selbstverständlich wird der Arbeitsplatz zum Jagdrevier mit anzüglichen Bemerkungen.
Kampf mit der Hightech-Dusche
Der Hauptgrund, warum "The Upside" nicht funktioniert, hat einen Namen: Kevin Hart. Das Verrückte an "Ziemlich beste Freunde" war ja, dass Omar Sy den Zweifel mit entwaffnender Komik, breitem Grinsen und weltumarmender Wärme an die Wand spielte. Hart wirkt dagegen tumb, ohne jedes Charisma. Höhepunkt seiner Komik ist der Kampf mit einer (deutschen) Hightech-Dusche, und nicht einmal diese Szene ist gelungen.
Man darf sich an dieser Stelle auch noch einmal fragen, was die Academy überhaupt geritten hatte, Hart als Moderator für die Oscarverleihung auszuwählen. Seine bisherigen Auftritte bei Preisverleihungen waren schließlich verdammt fragwürdig. Bei den Golden Globes 2015 stand er etwa mit Salma Hayek auf der Bühne und machte einen Witz über ihre golden globes. Ja, er meinte damit wirklich ihre Brüste.
Wenn das Harts ziemlich bester Gag war, dürfen Academy und Zuschauer erleichtert sein, dass die Gala dieses Jahr ohne Moderator stattfindet.
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Im US-Remake von "Ziemlich beste Freunde" spielt Kevin Hart den Ex-Dealer Dell, der auf Jobsuche ist. "Mein Bester und Ich" hält sich eng an die Vorlage.
Dell stolpert in ein Vorstellungsgespräch bei dem reichen Philip (Bryan Cranston), der einen Pfleger sucht.
Die Stelle ist sehr gut bezahlt, allerdings gehören dazu auch Aufgaben, denen Dell anfangs nicht gewachsen ist. Katheterlegen etwa ist seine Sache nicht.
Im Lauf der Zeit allerdings kommen die beiden sich langsam näher und beginnen eine vorsichtige Männerfreundschaft.
Dazu gehören sogar gemeinsames Eisessen, Kiffen oder Musikhören - wobei Dell dafür zuständig ist, neue Lebensfreude in Philip zu wecken.
Dessen Assistentin Yvonne (Nicole Kidman) beäugt die Eskapaden der beiden misstrauisch, denn sie hegt tiefere Gefühle für Philip, als sie zugeben will.
Dell sorgt dafür, dass Philip endlich den Mut findet, sich mit einer Brieffreundin zu treffen. Das Rendezvous läuft allerdings anders als erhofft.
Philip revanchiert sich, indem er Dells Familie mit seinem Geld eine neue Zukunft ermöglicht.
Am Ende wird natürlich alles gut. Aber auf dem Weg dorthin macht es sich "Mein Bester und Ich" viel zu einfach.
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