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KRITIK

aus DER SPIEGEL 25/1967

Allen Tate: »Die Väter«. Dieser amerikanische Roman ist zwar beinahe dreißig Jahre alt, aber so gut wie neu. Totes Ich-Erzähler, ein betagter Herr, der von den eigenen Kinder. oder Fast-noch-Kinder-Tagen spricht, kann auf die heute wohl schon zu beliebte Art die Handlungszeiten ineinandermischen und der Problematik des Gedächtnisses nachgehen. Die absterbende Südstaaten-Oberschicht um 1860 sieht bei Tote viel merkwürdiger und widerspruchsvoller aus als bei Margaret Mitchell, auch wenn es wieder nicht an blutigen Zusammenstößen fehlt. Die Übersetzung zeigt Mucken: »... sagte ich mir mit ernsthafter Belanglosigkeit. (Rütten; 248 Seiten; 20 Mark.)

Leroi Jones: »Ausweg in den Haß«. Der amerikanische Neger-Schriftsteller Jones, 32, wurde in Deutschland durch den Roman »Dantes System der Hölle« bekannt. Die Essays spiegeln seine Wandlung vom Liberalen zum Agitator der »Black Power«-Bewegung, vom etablierten Publizisten zum Straßenredner in Harlem. deinen Haß auf die übermächtige Weft der Weißen artikuliert Jones brillant und differenziert, sein Remedur-Rezept ist ebenso simpel wie brutal: Die den weißen Mann am besten kennen, seine ehemaligen Sklaven, sollen ihn erschlagen, denn »der Himmel eines Weißen ist die Hölle eines Schwarzen«. (Melzer; 280 Seiten; 22 Mark.)

Hugo Loetscher: »Noah«. Der fleißige Schweizer Schriftsteller (1960: »Schichtwechsel«; 1963: »Abwässer«; 1964: »Die Kranzflechterin") hat den Auftrag des reichen Mannes Noah, im Zweistromland eine Arche zu bauen, zum »Roman einer Konjunktur« verwendet, mit allen Wohlstandsfolgen wie Streik, Fremdarbeitern, Jugendkriminalität Bodenspekulation und Einheits-Kitschgeschmack bis hin zu einer milden Rezession, Die Parabel, schnell durchschaubar, ermattet, bevor noch die letzte gegenwartskritische Konsequenz aufgezählt ist, sie bestätigt aber insgesamt Noahs Skepsis: »Wie voreilig vom Menschen, die Flossen aufzugeben. (Arche; 232 Seiten; 17,80 Mark.)

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