KRITIK
Franz Schubert: »Fantasie C-Dur 0 934; Duo A-Dur D 574; Rondo h-Moll D 895 für Violine und Klavier«. Für Hausmusikanten zu schwierig, für Solisten scheinbar nicht lohnend, für hellhörige Schubert-Freunde gar zu ungleichwertig, kümmern diese Duokompositionen am Rande des Repertoires dahin. Wolfgang Schneiderhan nimmt sich ihrer mit dem gepflegten, doch nicht mehr ganz kratzfesten Ton und der Abgeklärtheit des akademisch gewordenen Geigerstars an. Sein schüchtern-beflissener Flügel-Adjutant: Walter Klien. (Grammophon 139 164 SLPM; 25 Mark.)
Hector Berlioz: »Die Kindheit Christi«. Die »Trilogie sacrée«, ein Oratorium in drei Teilen, die der Zeitgenosse Balzacs aus den südlichen Bergen 1854 in Paris uraufführen ließ, bietet in dieser französischen Aufnahme mit Victoria de los Angeles und Nicolai Gedda die schönsten Kontraste zwischen barockisierenden Pastoralklängen und romantischer Schwellmusik. André Cluytens, in diesem Jahr gestorben, leitete das Pariser Conservatoire-Orchester zum Understatement an. Auch der Chor jubelt und klagt gedämpft. (Electrola ASD CANHS 170/1 F; 50 Mark.)
»Georges Brassens IX«. Aus der Welt der Spießbürger, der von ihm verachteten »gens honnêtes«, »croquants« und »grisons«, flüchtet der Anarchist Brassens auch auf seiner neuesten Platte wieder zu den bemitleidenswerten Säufern, Huren und Tagdieben. Erfreulicherweise hat er sich auf die brillanten pornographischen Bizarrerien früherer Jahre besonnen. Seine Texte sind jedoch schwer verständlich geworden, in gesuchten, gar gezierten Reimen und gelehrtem Wortschatz geschrieben -- Resultat der großen Belesenheit des Sängers. (Philips P 77 854 PL; 18 Mark.)