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KRITIK

aus DER SPIEGEL 45/1967

Joseph Haydn: »Drei Orgelkonzerte«. Haydns erstes Orgelkonzert krankt am tristen Anlaß seiner Entstehung: Therese Keller, die Braut des 24jährigen Komponisten, hatte auf Wunsch ihrer Eltern gerade den Schleier genommen. Seine Gefühle (und auch sein Talent) verbarg der verlassene Bräutigam hinter schematischen Spielfiguren in Händels geläufiger Manier. Dieses sowie die beiden späteren für die kleine Barockorgel gesetzten Konzerte spielt Helmut Tramnitz auch auf einem großen modernen Instrument durchaus stilvoll. (Deutsche Grammophon 139302 SLPM; 25 Mark.) Sergej Prokofjew: »Skythische Suite«; »Der verlorene Sohn«. Die mit Strawinskis Jahrhundertwerk »Sacre du Printemps« wohl an Ungestüm, kaum aber an genialischer Intensität vergleichbare Skythensuite seines Landsmannes Prokofjew entstand, wie auch dos beschaulichere Tanzwerk vom »Verlorenen Sohn«, für Diaghilews legendäres Ballett. Dessen einstiger Chefdirigent, der rüstige Überachtziger Ernest Ansennet, musiziert mit dem »Orchestre de la Suisse Romande« so bravourös, als gelte es, einen Feldzug gegen die Skythen zu gewinnen. (Decco SXL 6308; 25 Mark.) »Django Reinhardt & Dicky Wells in Paris 1937«. jahrelang zählten die Improvisationen, die der Jazz-Pionier Charles Delaunay 1937 für die Marke »Swing«, das erste reine Jazz-Label der Welt, aufnahm, zu den Kostbarkeiten konservierter Tonkunst. Sie wurden jetzt, bei ihrer Wiederveröffentlichung, mit einem Grand Prix ausgezeichnet -- zu Recht. Denn das Produkt der historischen Kooperation des US-Posaunisten Dicky Wells mit dem hochtalentierten Zigeunergitarristen Django Reinhardt klingt nach 30 Jahren noch so frisch wie am ersten Tag. (Polydor 423 232; 18 Mark.)

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