MALEREI / LAUSEN Krumme Eumel
Aus gelben Quadern quellen lilafarbene Riesenmakkaroni, vor roten Firmamenten kreisen grüne Kringel, und hellblaue Flächen wölben sich nach Wellblech-Weise -- mit geometrischen Versatzstücken, bunt wie die junge Mode 67, bastelt der Hamburger Maler Jens Lausen, 30, eine menschenleere Bildwelt.
Mit diesem konstruktiven Kulissenzauber hat der »plötzlich aufgetauchte Einzelgänger« den Düsseldorfer Museumsdirektor Werner Schmalenbach »spontan so neugierig gemacht wie in den letzten zwei Jahren nur ganz wenige junge Maler« -- Lausens originelle Variante nach-abstrakter Kunst ist ein Pendant zur international schon hochgerühmten Maschinen-Malerei seines Generationsgenossen Konrad Klapheck (SPIEGEL 48/1966). Doch Klaphecks Bilder, so definiert Lausen den Unterschied, »sind Stilleben -- ich bin ein Landschaftsmaler«.
Rund 30 Lausen-Landschaften aus den Jahren 1964 bis 1967 sind nun in der Hannoverschen Galerie Brusberg ausgestellt, die ein paar der Bilder schon kürzlich auf dem Kölner »Kunstmarkt« gezeigt hatte.
Die Überschau präsentiert die Stilentwicklung des Landschafters fast lückenlos; denn erst seit drei Jahren malt Lausen allein nach eigenem Geschmack. Vorher hatte er praktischere Künste geübt.
Ab 18 absolvierte der Hamburger Kaufmannssohn zunächst eine Warenhaus-Lehre als Gebrauchswerber. Anschließend ging er zur Kunsthochschule, wo er sich vornehmlich in den Fächern Schriftgraphik und Industrie-Entwurf unterweisen ließ. So ausgebildet, ersann er dann im hessischen Marburg zwei Jahre lang Tapetenmuster.
Aus dieser Industrie-Fron befreite der Bundesverband der Deutschen Industrie den Designer mit einem Stipendium. Das Geld, Belohnung für dekorative, mit Blattgold und Goldbronze gefertigte Freizeitwerke, gab Lausen die Chance, das Hobby zum Beruf zu machen.
Nach Hamburg heimgekehrt, versuchte sich der Künstler noch eine Weile in gold- und erdfarbenen Kompositionen aus reiner Geometrie. Doch bald entdeckte er neue Motive: Auf einem Altar des spätgotischen Meisters Bertram schien ihm ein ringförmig dargestelltes Gestirn nachahmenswert; ihn faszinierte die Vedutenwelt des Prä-Surrealisten Giorgio de Chirico; auch fand er die gewundene Abflußröhre eines Waschbeckens eindrucksvoll -- eine Form, die ähnlich auf den Bildern des Franzosen Fernand Léger (1881 bis 1955) zu sehen ist.
Mit Léger hat Lausen mehr als dieses Motiv gemeinsam -- er übernahm von ihm die kompakte Plastik der Einzelformen und glich auch seine Farben der bunten Palette des Franzosen an; neueste Lausen-Bilder allerdings sind noch heller und greller.
Aus bunten Flächen, krummen und geraden, mit einer Art Signalscheiben versehenen Röhren (Lausen-Terminus: »Eumel") sowie ringförmigen Sonnen begann der Maler technisierte Symbol-Landschaften zu konstruieren. Für die Phantasie-Gegenden skizziert er häufig dreidimensional ausführbare Modelle, doch im Bild wird die Raumvorstellung immer wieder nach dem Prinzip optischer Täuschungen aufgehoben.
Solche Tricks imponierten auch den Juroren der Bremer (Kaffee-) Hag-Stiftung. Im vorigen Jahr prämiierten sie Lausens »TV-Landschaft« mit ihrem 5000-Mark-Preis.
Finanziellen Ertrag verspricht auch die Lausen-Ausstellung in Hannover, wo Landschaften zwischen 500 und 2400 Mark angeboten werden. Vier Kleinformate der unteren Preisklasse, Studien für eine geplante Graphik-Mappe, wurden schon am Eröffnungsabend abgesetzt.
Einen wichtigeren Verkauf hatte Galerie-Inhaber Brusberg jedoch vorher in Köln abgeschlossen: Der französische Kunsthändler Claude Bernard erwarb zwei Lausen-Bilder für eine deutsche Kunst-Schau in Paris.