Kulturzeitschriften für die 80er Jahre
Eben ist die letzte Nummer der alten »Neuen Rundschau« erschienen. Über ihren 90. Jahrgang hinaus soll die Kulturzeitschrift nur noch als Taschenbuch weiterleben. Der Ermüdungs-Krise, die da signalisiert wird, widerspricht die bunte Fülle neuer Kulturzeitschriften, die offenbar Resonanz finden: 21 000 verkaufte Exemplare der ersten Nummer von »Freibeuter« meldet der Verleger Klaus Wagenbach, wohl selbst überrascht von diesem Erfolg. Nun liegt »Freibeuter 2« mit dem Zentralthema »Frauen in Gesellschaft« vor. Sie verdeutlicht Wagenbachs Ziel, vom Einzelnen her Literatur, Zivilisation und Politik zusammenzusehen. Ein Schwerpunkt beider »Freibeuter«-Hefte ist ein großer Aufsatz des Soziologen Jean Baudrillard über »das Ende des Soziafen«. Die von Baudrillard mitgeprägte französische Zeitschrift »Traverses«, die einen unorthodoxen Strukturalismus pflegt, ist nicht nur für die »Freibeuter« -Macher ein Vorbild; auch zwei andere neue deutsche Zeitschriften berufen sich auf »Traverses": »Tumult, Zeitschrift für
Verkehrswissenschaft« (Merve-Verlag, Berlin), deren erstes Heft von Urbanistik, Kierkegaard, Disco-Kultur und anderem handelt, und das attraktiv konfuse »Konkursbuch, Zeitschrift für Vernunftkritik« (Verlag Gehrke und Poertner, Tübingen), in deren jüngster Nummer 4 abermals Baudrillard zu Wort kommt. Schon die Titel der neuen Zeitschriften sprechen: Reflexion der Gesellschaft soll eine fröhliche Wissenschaft sein. Den neuesten Schritt kündigt der Münchner Newmag-Verlag an ("Lui«, »Photo"): Die Monatszeitschrift »Transatlantik« soll im kommenden Herbst mit einer Startauflage von 150 000 Exemplaren erscheinen; Impressum: »Herausgeberin Marianne Schmidt, Konzeption und Vetorecht Hans Magnus Enzensberger und Gaston Salvatore«.