BÜCHER Kuriose Zutat
Daniel Spoerri »Gastronomisches Tagebuch«. Luchterhand; 204 Selten; 15,80 Mark.
Der 1930 in Rumänien geborene Schweizer Tänzer, Bildermacher und »cuoco secreto« (Geheimkoch) nutzte seinen Aufenthalt auf der autolosen Dodekanes-Insel Simi zu einem höchstpersönlichen »Itinerarium für 2 Personen auf einer ägäischen Insel nebst einer Abhandlung über den oder die Keftedes«, in dem er den Leser bei Gelegenheit sogar mit seiner Kolik-Diät bekannt macht -- ein Luchterhand-»Weekend«-Buch.
Der vielgereiste Happening-Künstler -- Spoerri nagelte einst sein Frühstück an die Wand und nannte es »Fallenbild« -- und Hobby-Koch hat sein Gedächtnis im Gaumen, er assoziiert mit dem Geschmackssinn und liebt es, fußnotenfroh, seine eingestreuten Rezepte mit oft kuriosen Zutaten aus der kulinarischen Kulturgeschichte, aus Regionalküchen und aus der Etymologie zu bereichern.
Ein Liebhaber französischer Küche mit ihrer Baullion-Basis, den Suppen, Saucen, Farcen, läßt er sich dennoch gern von dem frankophoben Freiherrn von Rumohr anregen, dem entschiedenen Verfechter reiner und frischer Grundstoffe.
Die mittelmeerische Gewürzküche griechischer und, noch spezieller, simiotischer Spielart Ist natürlich Grundlage seiner zuweilen freischaffenden Kocherei; man erfährt etwa, wie Dolmates, Mairiza, Kourabiethes bereitet werden, lernt aber auch, was Begleiterin Kichka ein »Steak Aphrodisiakum« nennt.
Ihr hat Daniel Spoerri denn auch den Keftedes-Traktat gewidmet, dessen weiterer Titel so lautet: »... oder Betrachtungen über das Vorgekaute oder Inwiefern von Bouletten und nicht von Kunst die Rede ist, mit einem unvorhergesehenen Exkurs über das Blut«.
Fast pervers allerdings, daß ein Gourmet, der sich einfachen Lebens halber für eine Weile auf eine fischumschwommene Insel zurückzieht, die immens köstliche Vielfalt mediterraner Fischgerichte verschmäht. Fisch mag er nicht.