Werk zur Amtseinführung des US-Präsidenten Schulbibliothek schränkt Zugang zu Amanda Gormans Gedicht ein

Amanda Gorman bei Joe Bidens Inauguration: »Hassbotschaften«?
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»Wenn wir Barmherzigkeit mit Macht verschmelzen und Macht mit Recht, dann wird Liebe unser Vermächtnis und Veränderung das Geburtsrecht unserer Kinder«, heißt es ins Deutsche übersetzt in dem Gedicht, das die damals 22-jährige Poetin Amanda Gorman bei der Amtseinführungsveranstaltung von Joe Biden als US-Präsident vortrug. Ihr Inaugurationsgedicht wurde vielfach gefeiert und zum Bestseller, die Dichterin kam auf die Titelseiten von »Time« und »Vogue«.
Doch Veränderung macht manchen Menschen Angst – und so forderte eine Mutter aus Miami Lakes in Florida in einem Beschwerdeschreiben, das Buch »The Hill We Climb« den Schülerinnen und Schülern in der Schule, in die ihre Kinder gehen, unzugänglich zu machen. Zur Begründung gibt sie an, das Gedicht sei »nicht bildend«, sondern verbreite »indirekt Hassbotschaften«.
Die Beschwerde wurde öffentlich gemacht von der Initiative Florida Freedom to Read Project (FFTRP ), die als Reaktion auf immer mehr Bücherverbannungen in dem US-Bundesstaat gegründet wurde.
Im aktuellen Fall beriet das zuständige Komitee des Schulbezirks über die Beschwerde der Mutter und entschied nach Angaben des »Miami Herald« , »The Hill We Climb« dürfe ebenso wie drei andere Titel nur noch den Mittelschülern zugänglich gemacht werden. Das Bob Graham Education Center in Miami Lakes unterrichtet Schülerinnen und Schüler von der Vorschule bis zur 8. Klasse.
Viertklässlerinnen und Viertklässler und Jüngere dürfen neben Gormans Gedichtband auch die Titel »The ABCs of Black History«, »Cuban Kids« und »Love to Langston«, eine illustrierte Biografie des Dichters Langston Hughes, nicht mehr entleihen. Bei dem Titel »Countries in the News: Cuba« wies das Komitee die Beschwerde der Mutter ab.
Verwechslung mit Oprah
Amanda Gorman kritisierte die Entscheidung in einem via Instagram verbreiteten Statement. »Ich bin schockiert«, schreibt die Autorin und fährt fort, sie habe »The Hill We Climb« geschrieben, damit all die jungen Menschen sich in einem historischen Moment wiedererkennen könnten. »Seitdem habe ich zahllose Briefe und Videos von Kindern bekommen, die durch ›The Hill We Climb‹ dazu inspiriert wurden, ihre eigenen Gedichte zu schreiben«, so Gorman. Kinder der Möglichkeit zu berauben, ihre eigene Stimme zu finden, verletze deren Recht auf Meinungsfreiheit.
Im Begleitkommentar zu ihrem Statement mokiert sich Gorman darüber, dass sie in dem Verbotsantrag mit Oprah Winfrey verwechselt worden sei (die TV-Moderatorin steuerte ein Nachwort zu Buchfassung von »The Hill We Climb« bei). Es sei nicht deutlich gemacht worden, an welchen Stellen des Gedichts sich die Beschwerdeführerin störte, sie habe es abgelehnt, Rezensionen zu lesen und Alternativen zu nennen.
Amanda Gorman zitiert die Zahlen des US-Bibliothekenverbands, wonach die Beschwerden gegen Bücher 2022 um 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr zugenommen hätten. Gorman betonte, die Mehrheit der zensierten Werke stammten von queeren oder nichtweißen Autorinnen und Autoren. Der Streit um Bücher in Schulbibliotheken hat sich zu einem Schauplatz des Kulturkampfes in den USA zugespitzt – insbesondere im vom möglichen Präsidentschaftskandidaten der Republikaner, Ron DeSantis, geführten Florida.
In einem anderen Fall, der den Schulbezirk Escambia County in Florida betrifft, hat vergangene Woche der Schriftstellerverband PEN America Klage eingereicht . Amanda Gorman betont, dass auch ihr Verlag Penguin Random House sich dieser Klage angeschlossen habe.