Comic-Neuauflage Fix und Foxi vollfettkrass

Mehr als 40 Jahre lang war das Comicheft "Fix & Foxi" ein Abbild deutscher Kleinbürgerlichkeit, ehe es 1994 eingestellt wurde. Der neugegründete Verlag Tigerpress bringt den Klassiker jetzt wieder auf den Markt – als verkrampft jugendliches Beschäftigungsmagazin.

Es ist perfide: Weil man die Kids von heute am Kiosk immer schwerer erreicht, werfen die Verlage Produkte auf den Markt, die zwar für Kinder gedacht sind, aber in erster Linie den Erwachsenen glasige Augen bescheren sollen. So hatte bereits im Sommer der Paperduck-Verlag das ostdeutsche Jugendmagazin "Frösi" reanimiert. Und im September brachte der Ehapa Verlag eine zu Tode modernisierte Version von "Yps" als Testballon an den Kiosk. Mit dem seit gestern wieder erscheinenden "Fix & Foxi" ist nun das Dreigestirn der Damalsseligkeit komplett.

Früher war alles ganz einfach bei "Fix & Foxi": "Die Mädchen würden sich freuen, wenn Fix und Foxi und die anderen Tiere Schwesterchen bekämen, die kochen, nähen, flicken und stricken lernen müssen und dabei durch Übermut und Ungeschicklichkeit allerlei Dummheiten anstellen", schrieb eine Lehrerin aus Aschaffenburg 1955 an Rolf Kaukas Comicmagazin. Die Redaktion druckte den Brief natürlich liebend gerne ab.

Mehr als 40 Jahre lang war "Fix & Foxi" ein Abbild deutscher Kleinbürgerlichkeit. Ab 1953 produzierte Kauka das Monatsheft, das ursprünglich "Eulenspiegel" hieß und erst nach 29 Ausgaben den Namen erhielt, unter dem es berühmt wurde. "Fix & Foxi" wurde der größte kommerzielle Erfolg der deutschen Comicgeschichte. Unzählige Begleitserien, darunter "Lupo" und "Bussi Bär" wurden erfunden. Kauka, der "deutscher Walt Disney" genannt wurde, ließ Comics wie am Fließband produzieren.

Gehäkelt und gestrickt wurde in den Comics über die beiden roten Füchse zwar selten. Aber stets schilderten sie eine betuliche Welt, die weitgehend von den Einflüssen der Moderne verschont blieb. Während im industrialisierten Entenhausen der Duck-Clan sein Unwesen trieb, sagten sich in Fuxholzen Fix und Foxi gute Nacht. Höchstens der tollpatschige Wolf Lupo, der erste Comic-Slacker auf deutschem Boden, brachte etwas Unruhe in die überschaubaren Verhältnisse.

Hinter all dem Spießertum steckte vor allem Kauka selbst. Der konservative Verleger zeichnete zwar keinen Comic selbst, ließ aber alles, was gedruckt werden sollte, über seinen Schreibtisch gehen. Was dem konservativen Weltbild missfiel, wurde umgezeichnet. Nicht nur Eigenproduktionen, sondern auch lizenzierte Comics wie "Spirou & Fantasio" wurden auf diese Art verhunzt, es hatte sich eben alles dem Diktat des vor fünf Jahren verstorbenen Comic-Moguls zu beugen. Manchmal trieb das seltsame Blüten. Die Anfang der Sechziger unter Kaukas Ägide entstandene erste deutsche "Asterix"-Übersetzung, erschien als stramme Germanen-Saga "Siggi und Babarras", der man rechtsradikale Tendenzen bescheinigte. "Asterix"-Schöpfer und "Lucky Luke"-Autor Goscinny, tobte und entzog Kauka nach nur wenigen Folgen die Lizenz.

1994 schließlich wurde "Fix & Foxi" eingestellt - Ergebnis eines langen Streits zwischen Kauka, der seinen eigenen Verlag inzwischen verkauft hatte, und dem Lizenznehmer Pabel Moewig, der das auflagenschwache Heft modernisieren wollte. Kauka zog sich und seine Figuren zurück, um im Jahre 2000, kurz vor seinem Tod, einen Relaunch mit dem Ehapa Verlag zu versuchen, der jedoch sehr schnell im Sande verlief.

Der jetzige Neustart unter der Schirmherrschaft von Kaukas Witwe Alexandra ist mutig, denn der Markt der Jugendzeitschriften ist noch immer heftig umkämpft. Die Magazine kommen und gehen, nur wenige können sich etablieren. So brav und betulich wie früher kann man "Fix & Foxi" heute natürlich nicht mehr gestalten. Aber man muss den Machern beim extra für den Relaunch gegründeten Verlag Tigerpress Respekt zollen, ihr Produkt im Vergleich zu früher zwar radikal verändert, aber nicht auf Teufel komm raus modernisiert zu haben.

Für das neue "Fix & Foxi" wurde im Vergleich zu den alten Ausgaben der Comicanteil drastisch herabgefahren. Gerade einmal 24 der insgesamt 68 Seiten bieten Comics. Eine neue Lupo-Story und der Nachdruck einer älteren "Fix & Foxi"-Geschichte sind im Heft, dazu ein seltsam deplaziert wirkender Fussball-Comic über den jungen Ronaldo. Der Rest ist ein übergroßer Magazinteil, bestehend aus Wissensvermittlung, Spiel und Rätsel. Damit rückt "Fix & Foxi" weg vom Comicmagazin und eher in die Nähe von Lern- und Beschäftigungsmagazinen wie "Geolino".

Auch die Heftbeigabe ist ganz klassisch: eine rot-blaue 3D-Brille, mit der man sich eine kleine Fotogalerie im Heft ansehen kann. Das ist so unhip, dass es beinahe schon wieder sympathisch ist. Für die nächste Ausgabe ist ein Adventskalender angekündigt. Die "Micky Maus" würde so etwas gar nicht mehr wagen.

Wirklich aufregend ist das natürlich alles nicht. Auch die Comics sind bieder und leiden unter der typischen Krankheit aller Kauka-Produkte, dem zu Tode kalauern der Geschichte. Während über den Comics also nach wie vor ein wenig Fünfziger-Jahre-Mief schwebt, ist man im Magazinteil mitunter zu sehr auf zeitgemäße Stilistik bedacht. Ein Beitrag über den Amur-Tiger gerät zum Fiasko in Vollfettkrass-Sprech. Herumexperimentieren ohne dabei ein allzu großes Risiko einzugehen, scheint also bis auf weiteres das Konzept des Hamburger Verlages. Aber wie heißt es im Heft, als klarer Verweis auf den ewigen Konkurrenten "Micky Maus": "Wir sind doch keine reichen Enten!"

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