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Märchenband: Rumpelstilzchen meets Facebook

Foto: Das wilde Dutzend/ Dorothea Huber

Märchenband Rumpelstilzchen und seine Freunde auf Facebook

Drück den Gefällt-mir-Button für Aschenputtel und Co.: Der Sammelband eines Berliner Kleinverlags macht die Grimmschen Märchen zum Ausgangspunkt neuer Geschichten - und inszeniert die Figuren zugleich im sozialen Netzwerk.
Von Andreas Macho

Ausgerechnet in Prenzlauer Berg in Berlin, Festung der digitalen Boheme, gaben die Gebrüder Grimm ihr Comeback. Gut fünfzig Mittdreißiger, den Tablet-PC in der einen, ein kühles Bier in der anderen Hand, versammelten sich dort vor kurzem im "Soupanova" vor der Sechziger-Jahre-Tapete zum Märchenhören in schummrigem Rotlicht.

Grund der Feierlichkeit war der Sammelband "Wer kann für böse Träume - The Secret Grimm Files" aus der Schmiede des Berliner Kleinverlags "Das wilde Dutzend". 15 Autoren nehmen darin die berühmte Märchensammlung als Ausgangspunkt für ihre eigenen Fiktionen. Herausgekommen sind Märchen über Märchen und Neuarrangements der bekannten Handlungsstränge.

Die Geschichten sind spannend. Das Konzept ihrer Vermarktung aber ist genial. Denn "Das wilde Dutzend"  schafft, woran die Großen der Branche scheitern. Statt sich um Raubkopien zu sorgen, wagt sich der Kleinverlag direkt in das vermeintliche Reich des Bösen: in die sozialen Netzwerke und Tauschbörsen.

Wie ein Krimi-Dinner ohne Mörder

"Die Leser sollen die Geschichten miterzählen können, dafür binden wir die Figuren in Facebook ein", sagt die Verlegerin Dorothea Martin. Um die Einrichtung der Märchenhelden-Accounts musste sie sich erst gar nicht kümmern - das besorgen die Fans von selbst. Die Figur Adele und viele ihre märchenhaften Kollegen aus dem Buch existieren dort bereits. Das Spiel mit Masken und Namen, wie man es aus dem Märchen kennt, geht eben auch in den sozialen Netzwerken: Rumpelstilzchen meets Facebook.

Auch im analogen Leben inszeniert der Verlag die Figuren des Sammelbands: Im August startet die Veranstaltungsreihe "Grimms Dinner". Ähnlich wie ein Krimi-Dinner, nur ohne Mörder, dafür mit magischen Figuren am Tisch, soll das funktionieren. Erzählung und Figuren entkoppeln sich damit vollständig vom Buch - und machen vor, wie intermediales Erzählen funktionieren kann.

Ob das Buch bei so viel Inszenierung nicht auf der Strecke bleibt? Auch in diesem Punkt hat der Verlag Vorkehrungen getroffen, indem er die Sammlung reichhaltig illustriert hat. Jede Geschichte hat ihren eigenen Illustrator. Und jeder einzelne von ihnen liefert durchaus überraschende Interpretationen der Märchenthemas - etwa im Street-Art-Stil.

Bei so viel On- und Offline-Begegnungen mit den Grimmschen Figuren erkämpft sich das Medium Buch dann wie von selbst seinen angestammten Platz zurück - als Ort der Bewahrung. Und das ganz altmodisch im Bücherregal.


"Grimms Dinner" findet zum ersten Mal am 3. August 2012 um 20 Uhr in der Hagenauer Str. 2, 10435 Berlin statt. Die Teilnahme ist auf zehn Gäste beschränkt. Anmeldung unter grimmsdinner@das-wilde-dutzend.de. Teilnahmegebühr 35 Euro inkl. 4-Gänge-Menü und Aperitif. Anmeldeschluss: 20. 7. 2012.

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