Erwachsenen-Comics Ein ganz schweres Sammelgebiet
Wir haben es ja so gewollt: Jahrzehntelang haben wir gegen die öffentliche Trivialisierung der Comics gewettert und auf die künstlerische und literarische Qualität des Genres hingewiesen. Mit Erfolg, so scheint es: In den Feuilletons sind Comic-Themen schon lange keine Seltenheit mehr, Zeichner werden in Museumsaustellungen gewürdigt, Comic-Alben aufwendig gestaltet und auch von klassischen Buchverlage veröffentlicht.
Im Comic werden ganz selbstverständlich Themen wie der Libanon-Krieg ("Waltz With Bashir", Atrium) oder der Nationalsozialismus ("Unter dem Hakenkreuz", Schreiber & Leser) verhandelt, Comic-Kreative sind nebenbei erfolgreich als Buchautoren tätig, Schriftsteller versuchen sich im Comic-Bereich.
Es wächst zusammen, was zusammen gehört. Schöne neue Comic-Welt?
Sieht so aus. Trotzdem stellt sich mitunter das Gefühl ein, dass bei all den Aufwertungsbestrebungen - gestalterischen und inhaltlichen - auch etwas auf der Strecke bleibt. Die Comic-Welt, so scheint es, ist in weiten Teilen verdammt ernst oder zumindest verdammt schwer und recht teuer geworden.
Es entsteht eine Art Parallelwelt: Für die gut abgehangene Comic-Generation wird so ziemlich alles ins Hardcover gepackt, oft überformatig, mühlsteinschwer und hübsch hochpreisig. Schön anzusehende, gewichtige Bücher, die wir, zugegeben, sehr gerne ins Regal stellen. Im Bett, im Zug oder auf der Toilette zu lesen, wird hingegen zur artistischen Herausforderung, wenn nicht unmöglich. Comics für Sammler statt für Leser.
Vor allem bei den klassischen Serien bedeutet das: Verführung zum Zweitkauf. Eine Freude für manchen Fan, sicher. Die nachfolgenden Generationen zu begeistern, wird so allerdings schwierig.
Niemand wird auf die Idee kommen, die schöne Carl-Barks- oder Isnogud-Gesamtausgabe seinem, sagen wir, neunjährigen Sohn in die Nutella-Finger zu geben (wo sie eigentlich - auch - hingehört!). Und welcher 17-Jährige gibt schon 26 Euro für das fulminante, im seligen YPS erstabgedruckte schwarz-weiße Historienabenteuer "Thomas der Trommler" aus? Oder gar 39,90 Euro für das Fantasy-Epos "Der Herr der Finsternis" und das Drama "Sambre - Der Krieg der Augen"? Oder 17,40 Euro für gerade mal 108 Seiten des französischen Krimis "RG: Verdeckter Einsatz in Paris"?
Der marktschreierische Aufdruck "Graphic Novel" macht es nicht besser. Für solche Titel ist die nachwachsende Lesergeneration wohl erst mal verloren.
Auf dem klassischen Buchmarkt ist so etwas kein Problem - spätestens in der Taschenbuchausgabe ist jeder Roman bezahlbar und U-Bahn-tauglich. Der deutlich kleinere Comicmarkt bietet diese Zweigleisigkeit in der Regel nicht. Noch halten einige Kleinverlage (und der Panini Verlag, der bei Simpsons, Batman, X-Men etc. noch konsequent auf Hefte oder Tradepaperbacks setzt) die Comics für Ältere benutzerfreundlich und für Jüngere bezahlbar.
Wir Bett-, Klo- und Bahnleser und wohl auch die Taschengeldempfänger danken es ihnen.